Was für eine Woche, oder? Ich bin ja nun alles andere als ein „digital native“ – ein Ureinwohner dieser neuen digitalen Welt. Im Gegenteil: ich habe diesen Blog auch immer als eine Art Selbstversuch verstanden. Und zwar, wie sich ein Mensch aus dem analogen Zeitalter in einer zunehmend digitalisierten Welt zurecht findet. Und ja: ich habe mich auch von Twitter fern gehalten. Eine ganze Zeit zumindest, weil ich nichts damit anfangen konnte. Insofern möge man mir meine Äußerungen zum aktuellen Geschehen nicht als Hochmut auslegen: ich behaupte nicht, dass ich Vieles besser weiß oder könnte. Die letzten Tage hatten demgegenüber einen gewissen, sagen wir: Unterhaltungswert.
Hackerangriff
Angefangen hat alles mit dem „Hackerangriff“ eines jungen Mannes, der die Daten hunderter Politiker und Promis ausgespäht und in Form eines Adventskalenders verbreitet hatte. Nur um dann in gefühlter Rekordzeit gefasst zu werden. Seine Festplatte hatte er sage und schreibe 32 Mal formatiert und den Rechner dann „ordnungsgemäß“ auf dem Recyclinghof entsorgt. Im „Darknet“ hat er wohl doch nichts dazu gekauft und am Ende bleibt für mich fraglich, ob dass denn nun ein echter „Hack“ war, oder nur das Abgreifen und Ausspähen von wahllosen leicht verfügbaren persönlichen Daten. Auf die die Nutzer schlicht nicht gut genug aufgepasst haben. Passwort „12345“ und so…
Habeck hat nicht aufgepasst
Unbedacht war wohl auch Robert Habeck: verschiedene Male, hatte er sich – wie sagt man? – ungeschickt ausgedrückt. Und ein ums andere Mal zahlreiche negative bis anfeindende Rückmeldungen bekommen. Das ist in der heutigen Zeit nichts ungewöhnliches. Nicht einmal „Nazis raus“ darf man noch schreiben (wie vorherige Woche von einer ZDF-Redakteurin getwittert), ohne dass man sich übelsten Beleidigungen und Drohungen ausgesetzt sieht. Ob man dafür aber gleich die Plattformen an sich verantwortlich machen muss (und überhaupt kann) und sogleich Twitter und Facebook den Rücken kehrt, halte ich persönlich mittlerweile für mehr als fragwürdig. Ich bleibe dabei: das ist ein bisschen so wie früher, als man sich als Kind die Augen beim Verstecken zugehalten hat, um nicht gesehen zu werden. Kurzsichtig halt.
Seehofer als digitaler Pionier
Richtig lustig wurde es dann aber mit dem „Versprecher“ von Horst Seehofer anlässlich einer Pressekonferenz. Er sei, so führte er aus, auch „sehr im Internet unterwegs. Nicht so sehr mit Ihnen und Twitter und so weiter. Aber seit den 80iger Jahren.“ Seit den 80iger Jahren? Also noch bevor es das Worldwide Web (schreibt man das so?) überhaupt gab. Respekt. Als dieser Ausschnitt aus der PK anfing im Netz Kreise zu ziehen, saß ich krank auf dem Sofa. Ich könnte – vor allen Dingen via Twitter – sehr gut nachvollziehen, wie dieses schöne Zitat mit zahlreichen Kommentaren versehen, seine Verbreitung fand. Es war nicht das erste Mal, dass ich Twitter zu schätzen lernte. Aber jetzt erst so richtig.
Aus @_A_K_K wird @akk
Ja. Und dann kam „Nicht Annegret.“ Tags zuvor hatte sich die neue CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer entschlossen, ein neues Twitterhandle zu benutzen. Gesagt, getan, verkündet. Kürzer, einfacher, ohne Unterstriche und ohne sich das alte Handle zu sichern. Das hatte dann schon bald ein pfiffiger Journalist für sich entdeckt und twitterte munter drauf los. Entschuldigte sich als „Nicht Annegret“ „…ganz herzlich für meine LGBTQ-feindlichen Äußerungen…“ und stand mit seinen Beiträgen und seinem Tun auch gleich für mehr Digitalkompetenz ein. Hut ab. Und lustig war’s.
Wie ein analoger Ureinwohner
Wie gesagt: ich bin weit davon entfernt, es besser zu machen oder zu wissen. Ich wollte das alles nicht. Nicht mit diesem Twitter und was da sonst noch so dran hängt an diesem Internet. Aber mittlerweile macht es mir Spaß. Richtig gefreut, hat sich eine jungen Frau an deren Umfrage für die Bachelorarbeit zur Nutzung von Musik-Streaming-Diensten ich teilgenommen habe.
„+++ Breaking +++,“ hieß es dann: „Eine Person hat angegeben, noch Kassetten zu kaufen! An mein Herz! <3 (Bist du es, Papa?)“ Von einer Vaterschaft weiß ich nichts, aber ich war wohl der Kandidat, der sich entsprechend geoutet hat. Und dann komme ich mir wirklich manchmal wie ein Zeitreisender vor in meinem Bus mit den alten überspielten Kassetten aus meiner Jugend.