Nach rund einem Jahr Intervallfasten, kann ich ein positives Fazit auf Basis umfassender Erfahrungen ziehen. Das Ganze hat mit einem Selbstversuch angefangen, der eng mit dem Gefühl zusammenhing, dass körperlich etwas ins Ungleichgewicht geraten war. Ich weiß bis heute nicht, ob es. tatsächlich eine Art „Mini Long Covid“ war, was mich letztes Jahr aus der Bahn geworfen hat. Klar ist, dass das Ganze bereits vor der Covid-Infektion begann und erst mit einer Art selbstbestimmter Mini-Reha ein vorläufiges Ende nahm. Seit August letzten Jahres faste ich also zwischen 14 und 17 Stunden am Tag – selten weniger und in der Regel auch nicht viel mehr. Obwohl mich die langen Fastenphasen (> 30 Stunden am Stück, siehe Beitrag Selbstversuch) deutlich nach vorne gebracht haben. Dabei steht insgesamt weniger der Gewichtsverlust, als die Gesundheit und Fitness im Vordergrund. Ein Grund warum ich an dem Fastenmodell festhalte. Dazu gehört aber auch, dass ich dauerhaft deutlich mehr als 10 Kilogramm weniger wiege, als im langjährigen Mittel.
Ungleichgewicht nicht Übergewicht
Erstaunliche 110 Kilogramm standen zu Ostern vergangenes Jahr auf der Anzeige der Waage. Allzeithoch und doch keineswegs das eigentliche Problem, sondern vielmehr eines der vielfältigen Symptome. Ich war oft müde und abgeschlagen, meine körperliche Konstitution bedingte einerseits eine ausgeprägte Bewegungslosigkeit und andererseits wurde die Notwendigkeit einer Ernährungsumstellung deutlich. Damals dachte ich vor allen Dingen an das was ich esse und weniger daran wann ich im Verlaufe des Tages esse. Mit dem Intervallfasten, habe ich dann beides irgendwie in Angriff genommen und dabei vor allen Dingen Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel weg gelassen. Heute ahne ich, dass ich eine Fruchtzucker-Intoleranz habe (genauer gesagt eine „Malabsorbsotion“) und daher mutmaßlich auch auf Süßstoff (zum Beispiel in Aufbackbrötchen) reagiere. Dadurch, dass ich mich jetzt recht bewusst ernähre – soll heißen: ich weiß in aller Regel ziemlich gut, was ich da so wann zu mir nehme – kann ich das gut abgrenzen. Wenn ich dann bald nach dem Essen krampfartige Bauchschmerzen bekomme und mich insgesamt über einen längeren Zeitraum (einige Stunden) deutlich schlechter als vorher fühle, kann ich gezielt nachforschen. Und vielleicht fällt mir dann ein, dass ich noch eine Handvoll Weingummi gegessen habe, was sonst nicht mache und ich zu dem Zeitpunkt wohl für eine gute Idee hielt. War es nicht und doch hat es mich auf meiner persönlichen Forschungsreise wieder ein Stück nach vorne gebracht.
Vorbereitung ist oft alles: wenn ich unterwegs bin, habe ich in der Regel alle Zutaten für vernünftige Mahlzeiten dabei. Nüsse, Haferflocken, Gries und Dinkelmehl neben Pflaumen oder Sauerkirschen im Glas oder auch Eiern. Und natürlich Kaffee oder Tee, die man zu jeder Zeit, unabhängig von den Fastenfenstern, trinken kann.
Intervallfasten? Ohne Probleme…
Das eigentliche Fasten, fällt mir nicht schwer. Den größten Teil der Zeit ohne Nahrungsaufnahme liegt ja ohnehin in der Nacht. In der Regel esse ich abends – am Abend, so nach 20 Uhr – nichts und wenn es mich doch juckt, reicht meist ein Blick auf die App und zu sehen, wieviele Stunden ich schon „auf der Uhr“ habe. Letztlich könnte ich aber auch ohne Weiteres abends etwas essen und dann einfach am nächsten Tag entsprechend später starten. Überhaupt, habe ich weder feste Zeiten, noch einen festen Plan. Ich achte einfach darauf, dass ich die Fastenzeit einhalte – also mindestens dreizehn besser vierzehn oder mehr Stunden. Im Verlaufe des Tages kann es daher sein, das ich entweder auf das Frühstück „verzichte“ oder auf das Abendessen. Wobei verzichten das falsche Wort ist: oft nehme ich so oder so drei Mahlzeiten ein. Nur eben etwas früher oder später, als ich es sonst machen würde. Und vermeide es zum morgendlichen Kaffee irgendetwas zusätzlich zu mir zu nehmen, wenn es noch nicht an der Zeit ist und Chips oder ähnliches, esse ich selbstredend nach der letzten Mahlzeit auch nicht mehr.
Schlechte Laune oder „Unterzuckerung“? Wenn ich daran denke, wie oft ich selbst davon gesprochen habe „etwas essen zu müssen“ oder das Gefühl hatte „unterzuckert“ zu sein, muss ich schmunzelnd den Kopf schütteln. Hatte mich so daran gewöhnt zu jeder Zeit im Grunde alles mögliche zu essen, dass ich kaum je das Gefühl von Hunger hatte. Während des Intervallfastens hatte ich nie das Gefühl von Hunger. Ich esse so viel, so unterschiedlich und reichhaltig, dass ich wohl selbst während langer Fastenphasen gut „versorgt“ war und mich immer gut und auch gut gelaunt fühlte.
Zum Glück wieder fit
Neben einem dauerhaften Gewichtsverlust, merke ich vor allen Dingen dass die Fitness zurückgekehrt ist. Ich bewege mich jeden Tag und meistens ist auch eine sportliche Einheit dabei. Während ich noch lange Leistungsspitzen durch Sprints beim Fußball, Tennis oder ähnlichem und auch durch Langstrecken vermieden habe, traue ich mir auch das wieder zu. Durch die Erfahrung des letzten Jahres war es so, dass ich tatsächlich unsicher war was geht und was nicht. Nicht zu wissen, woran es liegt und wie lange es anhält war herausfordernd. Ich taste mich jetzt langsam wieder heran. Ein absolutes Highlight war eine Nachtfahrt mit dem Rad. Bin zeitig aufgestanden und ab 3:30 Uhr alleine in den Sonnenaufgang geradelt. Das hatte ich immer schon einmal vor und habe es jetzt endlich gemacht. Morgens um 7:30 Uhr, standen schon mehr als 70 Kilometer auf dem Tacho. Ich habe einen radreisenden Freund eingesammelt und wir sind gemeinsam nach Hause gefahren. Rund 125 Kilometer wurden es insgesamt und trotz der schwülwarmen Hitze an diesem Tag, ging es mir sehr gut. Ich war erledigt, aber nicht völlig überanstrengt. Am Nachmittag auf dem Weg zum Baden an die Nordsee, habe ich das Gravelbike aus Jux an einer Geschwindigkeitsmessung noch auf 43 km/h beschleunigt. Das wäre noch bis vor Kurzem alles undenkbar gewesen. Zu fasten, war für mich der Schlüssel, um Ernährung, Gewicht und nicht zuletzt Fitness und Gesundheit in den Griff zu bekommen.
Stichwort Long Covid
Wohl auch weil ich lange nicht wusste, was mich da in Schach hält (und es bis heute nicht so richtig klar ist), hat mich der Podcast zum Thema Long Covid mit Visa Vie in den Bann gezogen. Das Schicksal Betroffener, die ohne Weiteres aus dem Leben gerissen werden, braucht Öffentlichkeit und Reflexion. Bei aller Dramatik, bin ich dankbar für die Offenheit, Klarheit und diese Podcast-Reihe.