Willkommen auf der Zielgeraden: mein Buchprojekt mit dem (Arbeits-)Titel „Life Cycle“ steht vor dem Abschluss. Mein Lektor und Wegbegleiter schaut sich den finalen Entwurf des Manuskripts an und ich mache mich auf die Suche nach einem Verlag. Das war eine abwechslungsreiche Reise bis hierhin. Die zugegebenermaßen länger war als ich es erwartet hatte. Und bei der ich auf ein paar Unwägbarkeiten, Herausforderungen sowie innere und äußere Barrieren gestoßen bin. Mehr als einmal habe ich gedacht, dass ich das Vorhaben beende. Dennoch bin ich jetzt, nach rund zwei Jahren Arbeit, sicher, dass das was ich zu schreiben habe, nicht beliebig ist. Und den Ansprüchen einer geneigten Leserschaft genügt. Entstanden ist ein Buch über das Rad fahren, über die menschliche Perspektive – auch in der Planung – und das Prinzip der Augenhöhe. Ich habe meine Erfahrungen aus unterschiedlichen Bereichen zusammen getragen und meine Fähigkeit genutzt, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Mein eigenes Wissen wird durch die Portraits und Berichte aus verschiedenen Blickwinkeln anderer Menschen und Orte ergänzt. So dass sich jede Leserin und jeder Leser selbst ein Bild machen und eine Meinung bilden kann. Denn das wäre mein Wunsch.
Life Cycle – auf den Weg gemacht
Als ich jetzt aktuell die ersten Verlage angeschrieben habe, habe ich mich gefühlt wie ein alternder Hobby-Imker oder Teilzeit-Archäologe – als müsste mich mit meinem Special-Interest-Projekt irgendwie andienen. Weniger, weil ich mich tatsächlich so fühle, sondern vielmehr, weil Unsicherheit und sich selbst infrage zu stellen, regelmäßige Begleiter auf dem Weg gewesen sind. Ist das, was ich zu sagen habe relevant? Sind die aus meiner Sicht wichtigen Zusammenhänge richtig und auch überprüfbar? Interessiert das jemanden oder bin ich vielleicht auf dem Holzweg? Diese Fragen haben mich die ganze Zeit über begleitet. Sie haben mich zwischenzeitlich gehemmt, muss ich zugeben und als dann auch noch sehr starke Verzögerungen bei einzelnen Rückmeldungen hinzu kamen, hat mich zeitweise der Mut verlassen. Um etwas neues, relevantes und belastbares zu schaffen, wollte ich regelrecht forschen und entwickeln. Mit Hilfe von Interviews sollte das gelingen und dann machte uns – ich hatte mittlerweile eine sehr engagierte und qualifizierte Interviewpartnerin gefunden – immer wieder Corona und die damit verbundenen Einschränkungen, einen Strich durch die Rechnung.
Schon zu einem frühen Zeitpunkt nach dem Start vor zwei Jahren, habe ich meinen Lektor kennen gelernt. Von Beginn an Fan des Projekts und der Idee, dass ich dieses Buch schreibe. Gerade liegt, wie gesagt, das Manuskript in seinen Händen. Und ich glaube, ohne ihn wäre ich nicht so weit gekommen. Ja, ich war ein ums andere Mal soweit, die Flinte ins Korn zu werfen. Und zwar ganz ohne Kummer: ein Projekt darf auch scheitern. Jetzt bin ich froh und ein bisschen stolz, schon soweit gekommen zu sein.
Worum geht es beim Buchprojekt?
Alles dreht sich rund ums Rad fahren und um die Begeisterung, die Bewegung und Begegnungen auf dem Rad auslösen können. Es geht um praktische Ansätze einer Mensch zentrierten Planung auf Augenhöhe. Dabei greife ich auf aktuelle Erfahrungen aus meiner beruflichen Praxis sowie auf die aus langjährigen Erfahrungen durch ehrenamtliche Arbeit zurück. Ich habe eine besondere Fähigkeit: ich kann unkompliziert mit Menschen in Kontakt treten und mich ihren (Rad-)Geschichte nähern. Gepaart mit einer guten Beobachtungsgabe und der Möglichkeit das eine wie das andere – die Begegnungen ebenso wie die Beobachtungen – in Worte zu gießen. Rad fahren hat mein eigenes Leben verändert und geprägt und so ist ein Buch entstanden, dass die letzten Jahrzehnte Revue passieren lässt. Was hat sich in Sachen Radverkehr verändert? Und warum treten wir in manchen Bereichen auf der Stelle? Welche neuen Entwicklungen gibt es in Sachen Planung und dem Mensch als Maßstab? Und wie setzen wir die neuesten Erkenntnisse in praktische Arbeit um? Auf diese Fragen gebe ich eine Antwort.
Ergänzt wird diese Sicht auf die Sachlage durch Gespräche und Geschichten von anderen Menschen. Und der Blick auf verschiedene Orte und Initiativen. Solche, die ich auf meiner persönlichen Lernreise kennen gelernt habe und manche, die ich für dieses Buch gesucht und gefunden habe. Wie auch in meinem Blog, versuche ich die Geschichte und manchmal auch persönlichen Hintergründe aufzunehmen und einzufangen. Auf diese Art und Weise, entsteht ein Gesamtbild, das viele verschiedene Aspekte rund um die Themen Radverkehr, Bike-Culture und Planung abbildet. Und Rückschlüsse darüber zulässt, wie sich diese Faktoren auch im internationalen Vergleich, gegenseitig beeinflussen.
Sneaken? Bitteschön, ein Auszug:
In diesem Buch geht es um Menschen. Und es geht um Fahrräder und das Rad fahren.
Rad fahren scheint das Natürlichste der Welt und wenn man erst einmal auf dem Rad sitzt, fliegt die Welt an Dir vorbei und der Wind bläst Dir ins Gesicht. Man bekommt den Kopf frei und fragt sich: warum mache ich das eigentlich nicht öfter? Fast jeder erinnert außergewöhnliche Situationen und Begegnungen, wenn er ans Rad fahren denkt. Niederländer und Dänen scheinen das Radfahren in den Genen zu haben. Aber ist es nicht vielmehr so, dass es nicht nur ihnen, sondern uns allen in die Wiege gelegt ist? Dass es nach dem Laufen lernen für die meisten die zweite große, fast unlösbare Lernaufgabe ist. Rad fahren verlernt man nie, heißt es. Und als Prozess mit Fallen, Scheitern und Aufstehen ist es prototypisch für jeden anderen Lernprozess.
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich: Rad fahren ist weit mehr als nur Fortbewegung und Freizeitspaß. Rad fahren bedeutet Bewegung, Interaktion und Augenhöhe. Schon nach wenigen Kilometern merken wir instinktiv: es tut sich etwas. Und zwar sowohl im Körper als auch im Kopf. Und da sind die Dänen und Niederländer nicht anders als alle anderen Menschen auf dieser Welt veranlagt. Die meisten von uns erleben das nur nicht. Warum das so ist, wo die Unterschiede liegen und warum es wichtig erscheint sich auf den Menschen zu konzentrieren und das was mit ihm passiert, wenn er Rad fährt – davon handelt dieses Buch.
Rad fahren findet auf Augenhöhe statt. Wenn ich Rad fahre oder zu Fuß gehe, kann ich mit anderen kommunizieren, interagieren und ganz unvermittelt stehen bleiben, mich unterhalten und sogar gegenseitig berühren. Rad fahren ist Bewegung, zu zweit oder in einer Gruppe bedeutet es Austausch, im Verkehr bedeutet es Interaktion. Rad fahren ist dann wie ein Spiel, das man gerne spielt. Dann wenn keiner die Spielregeln außer Kraft setzt, sondern wenn das Prinzip der Gleichheit und das der Augenhöhe gelebt werden kann.
Städte die für Menschen gebaut werden und die sich daran orientieren was für die ganz Kleinen und die Alten gut und sicher ist, schaffen ein Klima der Begegnung. Da wo der Mensch der Maßstab ist und nicht die Maschine, steigt die Aufenthaltsqualität, die Bewegung verlangsamt sich ohne komplett stehen zu bleiben. Die Geschwindigkeit hat dann ein menschliches Maß, wenn man so will. Auf dem Markt und in engen Gassen ist sie noch etwas langsamer. Dort wo Platz ist, die Wege eindeutig und das Verhalten der anderen vorhersehbar, wird es schneller. Der Mensch mag es, etwas mit anderen Menschen zu tun. Spiele zu spielen oder Mobilität spielerisch zu erleben. Und Menschen sind gerne in Bewegung. Und zwar tatsächlich und nicht nur virtuell. Komplexe Situationen und Abläufe fordern uns heraus ohne uns zu überfordern.
Wie es jetzt weiter geht
Ich habe schon eine erste interessierte Rückfrage von einem der angeschriebenen Verlage bekommen. Das ist bereits ein toller Erfolg, finde ich. Insgesamt stehen eine Handvoll solcher Kontakte auf meiner Liste. Wenn das nichts wird, verlege ich das Buch selbst. So oder so, soll es in Papierform erscheinen, das „Licht der Welt erblicken“.
Ich bin gespannt auf das Ergebnis des Lektorats. Auch das ist für sich schon ein spannender Prozess – von der ersten Abstimmung und dem intensiven Austausch, das selbstständige Schreiben ohne Rahmen und Vorgabe und jetzt die anstehende Rückmeldung. Erfahrungen, die ich ohne dieses Projekt so nie gemacht hätte. Wann sitzt man schon ganz alleine und völlig selbstbestimmt vor einem leeren Blatt Papier und stellt sich danach dem Urteil eines Verlags, den Anmerkungen eines Lektors oder dann – ich mag gar nicht daran denken – den Rückmeldungen etwaiger LeserInnen.
Und es liegt ja auch noch ein bisschen Arbeit vor mir. Die Bilder müssen abschließend rausgesucht und zugeordnet und, gemeinsam mit dem Text, gesetzt werden. Vor allen Dingen aber erkenne ich, dass ich an meinem Selbstbewusstsein arbeiten muss. Ist ja vielleicht ganz interessant zu lesen und zu verstehen, welche Unsicherheiten mich bei dem Projekt begleitet haben. Aber am Ende ist das ja auch ne Frage der Außendarstellung, das Ergebnis selbstsicher zu vertreten und dafür zu stehen.