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Blogbeiträge / Menschen Unternehmen

Watt-En-Schlick und Klima

Am Wochenende war Watt-En-Schlick Fest in Dangast. Direkt an der Nordsee und am Jadebusen. Und wo wenn nicht hier, sollte man sich Gedanken ums Klima machen? Als wollte das Meer daran erinnern, was es mit dem Klimawandel auf sich hat, lief die Flut an allen drei Tagen hoch und lange auf. Der verhältnismäßig schmale Strand vor dem Dangaster Kurhaus wurde am Sonntagmorgen bis an den Rand von Bühnen und -bauteilen überflutet. Davon haben die Gäste dann so früh am Morgen gar nicht viel gemerkt. Luisa Neubauer war zu Gast und hat mich nicht zum ersten Mal beeindruckt. Dieses Mal ganz besonders, als sie im Rahmen des Festivals sprach und aus ihrem Buch las. 30 Jahre, sagt sie, gab es scheinbar wichtigere Dinge als den Klimawandel. Gut, dass auf dem Watt-En-Schlick das Thema Klima Platz hat, obgleich 2021 im Zeichen der Corona-Pandemie stand. Endlich, so war man sich einig, können wir uns wieder nah sein und zusammen kommen. Endlich, denke ich bei mir, gibt es im Grundsatz kein wichtigeres Thema als den Klimawandel.

Klima – neutral?

So ein Fest wie das in Dangast ist sicher alles andere als klimaneutral. Von der Logistik vor Ort – auch ganz ohne das Corona-Test-Gedöns drumherum – über die Versorgung, bis hin zur An- und Abreise der Gäste: für ein Fest wie dieses am Jadebusen kann man sicher eine Klimabilanz wie für ein kleines Unternehmen machen. Ich kenne mich damit zu wenig aus und habe es am Rand der Veranstaltung mit einem Klima-Aktivisten ebenso diskutiert, wie mit einem kommunalen Energiemanager. Der nur trocken anmerkte, dass das schon ein interessantes Spannungsfeld sei mit Luisa Neubauer auf der Bühne und Dieselgeneratoren zur Stromversorgung unmittelbar in der Nähe. Die Gäste reisen mit einer bunten Vielfalt von Fahrzeugen, Wohnmobilen und gar großen historischen Dieselbussen zur Übernachtung an und am Strand sind die meisten Dinge auch nur mit schwerem Gerät zu bewegen. Der Strand. Das Meer hinter dem Deich. Da war doch was.

Schlick, Watt und grüne Deiche

Den Menschen hier unmittelbar am Jadebusen und an der gesamten Küste, muss man das mit dem Anstieg des Meeresspiegels nicht lang erklären. Der ständige Kampf gegen den „blanken Hans“ – die Gefahr einer unheilvollen Sturmflut, ist hier ins kollektive Gedächtnis und Gemeinwesen übergegangen. Dass das Wasser eine reale Gefahr darstellt, stellt hier kaum jemand ernsthaft infrage. Und das Technik dieses Problem für immer und dauerhaft beseitigen kann, wird man ohne lange darüber nachzudenken, zur Seite schieben. Vielleicht ist es gerade deshalb und hier an diesem Ort zum Fest – dem Watt-En-Schlick Fest – richtig und wichtig, über Themen wie Klimawandel, Meeresspiegelanstieg und das 1,5 Grad-Ziel zu sprechen. Allerhöchste Eisenbahn sozusagen. Denn uns läuft die Zeit davon, um noch Einfluss zu nehmen. Luisa Neubauer hat recht: viel zu lange wurde geredet und so getan, als würde etwas getan. Ob schon einmal jemand bei einer Klimakonferenz gewesen sei, fragt sie. Man meint, da sind viele Leute die das Klima retten wollen, sagt sie sinngemäß. Und dann muss man fest stellen, dass die vielen Leute genau das nicht tun.

Viel Platz bleibt nicht, wenn die Flut wie an diesen Tagen hoch im Jadebusen aufläuft

Watt geht in Sachen Klima

Ja, Luisa Neubauer hat auch damit recht. Ich war da, 2008 in Posen. Es war genau so und dann kam die Finanzkrise und damit gab es wieder etwas wichtigers. Und auch ich habe vielleicht in den letzten 30 Jahren nicht immer alles, alles getan, um das Klima zu retten. Manches wusste ich nicht besser, vieles schien ich nicht beeinflussen zu können, oft hatte ich das Gefühl wahlweise gegen Windmühlenflügel zu kämpfen oder mich zum Trottel zu machen. Und ja: auch für mich persönlich gab es manchmal (scheinbar) wichtigeres als das Klima.
Das Watt-En-Schlick ist ein tolles generationsübergreifendes Fest. Selbst die „Boomer“ sind da, teils mit Kindern und Enkeln. Und das wäre auch eine der wenigen Anmerkungen zur Diskussion: Schuldzuweisungen oder Hinweis auf Versäumnisse über Jahrzehnte, Kategorien wie „Boomer“, die ganze Menschengruppen zusammen fassen und ein Label verpassen, sind völlig fehl am Platz. Die Zeit zum Handeln ist jetzt. Wer jetzt nicht mitmacht, verhält sich wie ein Trottel. Spätestens jetzt, kann man nicht mehr sagen: „Das habe ich nicht gewusst.“

Mehr zum Thema Klima? Ich habe die Dekaden auch einmal an mir vorbei ziehen lassen meinen persönlicher Rückblick auf fast 50 Jahre gibt’s hier.