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Blogbeiträge / Magazin

Best practice – Bike Culture und Kommunikation

Das Fahrrad ist im Kommen, da gibt es kaum noch einen Zweifel. Man kann es an verschiedensten Indikatoren fest machen – der Verbreitung von Verleihsystemen, den Verkaufszahlen von E-Bikes oder auch der verstärkten Nutzung von Transporträdern, als adäquaten Ersatz fürs Auto im innerstädtischen Verkehr. Vielleicht spielt das Rad in Zukunft auch ein zentrale Rolle in einer kommenden Verkehrswende. Zumindest sollte es das meiner Meinung nach. Doch das ist ein anderes Thema.
Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit Fahrrädern und Radverkehr, dessen Förderung und „Bike Culture“ – eine ganz eigenständige Kultur rund ums Rad. Und ich behaupte, dass man aus den verschiedenen Aspekten auch Anschlusspunkte für die Kommunikation findet – selbst von inhaltlich komplexen Themenstellungen. Und zwar weil Fahrräder sympathisch, sportlich und umweltfreundlich sind.

Das Fahrrad als Vehikel

Als ich vor einigen Jahren einen Beitrag zum Thema Fahrrad in der Werbung verfassen wollte, fiel mir bald auf dass das Rad und Radfahren meist humorvoll oder schlimmer sogar, mehr oder weniger lächerlich dargestellt wurde. Radfahren als Witz? Den Artikel habe ich nie geschrieben.
Bereits Ende der 90iger Jahren startete ein Belgisches Forscherduo auf Liegerädern zu einer ungewöhnliche Tour. Sie führte die beiden Zukunftsforscher in sechzehn Einzeletappen rund um den Globus. Zwei Jahre waren die beiden unterwegs und haben die ungewöhnlichen Bikes für einen mehr als ernsthaften Anlass genutzt. Sie dienten nicht nur der Fortbewegung, sondern vielmehr auch zu Ansprache ihrer Interviewpartner: sie nutzten die Form der Reise per Rad ebenso wie die Ungewöhnlichkeit der Räder, um ihre zufälligen Gesprächspartner auf sich aufmerksam zu machen. Und sie zu ihren Erwartungen für die Zukunft zu befragen.

Ernsthaftigkeit und Authentizität

Menschen wollen ernst genommen werden und merken schnell, wenn es ihrem Gegenüber nicht um ein authentisches Anliegen geht. Wenn es aber ernst gemeint ist, darf der Anlass auch mit Spaß und Leichtigkeit verbunden sein. Ist das nicht so, sollte man sich vielleicht einen anderen Weg der Ansprache suchen, denke ich. Einen der besser zum eigenen Anliegen passt. Die vorgenannten Beispiele weisen dabei für mich die Richtung: mache ich etwas lächerlich und überzogen, bleibt es oberflächlich und kurzfristig. Bin ich aber nachhaltig und ernsthaft interessiert, z. B. an Menschen, Regionen oder auch (komplexen) Themen, kann ich ein „Vehikel“ wie das Fahrrad in all´seinen Facetten nutzen. Und zwar für die Ansprache, die Interaktion, Vernetzung und damit die Kommunikation insgesamt. Die spielerische Leichtigkeit erleichtert es mir und meinem Gegenüber sich einzulassen. Wir haben ein „Thema“, das für die meisten weitgehend frei von negativen Assoziationen ist und für Aufmerksamkeit sorgt. Ich denke das kann in vielen Fällen funktionieren.

Radverkehrsförderung? Logisch: mit dem Rad

Natürlich steht bei der Förderung des Radfahrens das Fahrrad ebenso im Mittelpunkt, wie beim Radjournalsimus. Und man kann hier die Mechanismen sehr gut nachvollziehen: das Fahrrad funktioniert in diesen Kontexten besonders gut, weil es sein eigener Botschafter ist. Keiner würde auf die Idee kommen, dass Fahrradtage ohne Räder sinnvoll wären, oder gar ein Radmagazin ohne sie auskäme. Sie sind der Anlass – aber auch der Sympathieträger. Neben Fahrradhandel und -herstellung finden hier auch Themen wie (Rad-)Tourismus inklusive Sport- und Outdooraktivitäten, Reise, Mobilität insgesamt und Handel im Allgemeinen statt. Das Fahrrad ist – ähnlich wie das Auto – weit mehr als nur ein Fahrzeug. Im Gegensatz zum PKW aber komplett ohne negative Einflüsse auf Umwelt und Menschen. Und tatsächlich und nicht im übertragenen Sinne, stehen Fahrräder für Sport, Bewegung, Freizeit, nachhaltige Mobilität – kurz: Spaß und uneingeschränkten Genuss. Der Schritt zur Radkultur – Veranstaltungen mit und rund um das Rad – ist da nicht mehr weit. Egal ob Trendsport, gemeinsame Ausfahrt wie Critical Mass, Flohmarkt, Rad-Kino, Tanz oder was auch immer: das Rad bietet Anlass und Aufmerksamkeit zugleich.

#eneraroadtrip – nur eine Radtour?

Wir sind in Ostfriesland – abgeschiedene, ursprüngliche Schönheit eines platten Landstrichs, mit aufrechten und – wider allen Unkenrufe – offenen und kommunikativen Menschen. Zwei Mitarbeiter eines Projektes radeln im Sommer bei Wind und Wetter quer übers Land, um Leute zu treffen und über das Projekt zu informieren. Sie tun dies aus eigener Kraft und haben auf den markanten Transporträdern alles dabei, was sie für eine Berichterstattung aus der Region und zum Übernachten brauchen. Wo sie stehen bleiben, erzeugen sie Aufmerksamkeit. Und das tut die Geschichte von der Fahrt auch noch Monate später. An einem kalten Winterabend in einem Rathaus in Friesland. Die Leute mögen solche Geschichten Auch wenn das Projekt eher schwer kommunizierbar ist, so findet man doch über die Geschichte von der Radtour persönlich einen Einstieg. Ebenso wie auf der Tour selbst, fällt es den Interessierten nicht schwer, die Übertragungsleistung zu erbringen. Im Grunde so, wie damals bei dem Forscherpaar: um mit den Leuten zu sprechen und zu informieren, muss man raus zu ihnen. Wenn man ihre Aufmerksamkeit haben will, sollte man einen interessanten und positiven Einstieg finden.

Das Rad in der Kommunikation und Netzwerksarbeit

Das Ganze funktioniert aus meiner Sicht auf vielen Ebenen und auch mit zeitlichem Versatz. Die Infoabende, die wir jetzt Anfang des Jahres durchführen verlaufen erfolgreich. Und ebenso wie im Sommer, als die Tour unmittelbar durch die Region führte, funktioniert die Geschichte auch in den Medien und digitalen, sozialen Netzwerken. Und nur damit ich nicht falsch verstanden werde: wir sprechen dabei immer und vor allen Dingen über das Projekt und dessen Inhalte. Die schwer verständlichen Inhalte scheinen erst so überhaupt anschlussfähig vermittelbar. Das die eingesetzten Transporträder mittlerweile vor Ort in der Region tatsächlich auch im Sinne einer konkreten Vernetzung zum Einsatz kommen, rundet das ehrliche und authentische Anliegen ab: ein gemeinnütziger Verein nutzt die Räder aus dem Projekt, um ein kostenloses Transportradverleihsystem schon vor dem eigentlichen Start zu testen.

www.energie-vernetzen.de
www.dein-deichrad.de

Das Ergebnis von rund sechs Wochen im Januar/Februar 2018 kann sich sehen lassen. Mehr als ein Dutzend Beiträge in fünf verschiedenen regionalen Zeitungen

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