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Blogbeiträge / Radverkehr

Paris: autogerecht war gestern

Es hat dann doch eine ganze Weile gedauert, bis ich und wir Paris unter die (Fahr-)Räder nehmen konnten. Das stand schon lange auf der To-Do-Liste und jetzt war es endlich soweit. Auf dem Weg in die französische Hauptstadt, haben wir in Antwerpen Station gemacht. Die belgische Stadt ist natürlich nicht annähernd so groß wie Paris, hat aber nachhaltig Eindruck bei mir hinterlassen. Komme nicht umhin, beide Städte miteinander zu vergleichen, wenn es um die Qualität für Radfahrende und das zu Fuß gehen geht. Das ist schon im Ansatz ein unzureichender Versuch, weil wir in beiden Städten nur wenige Tage waren. Das soll aber auch kein Fachbeitrag sein, sondern ein Plädoyer dafür, unterschiedliche Städte auf diese Art und Weise zu erkunden. Denn es tut sich was und das kann man unmittelbar erfahren.

Antwerpen ohne Auto

In Antwerpen, haben wir uns dazu entschieden, das Auto im Außenbezirk in einem der zahlreichen P+R Parkhäuser abzustellen und in die Ferienwohnung ins Zentrum zu radeln. Das sind aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen so um die zehn bis zwölf Kilometer. Und man bekommt bereits einen guten Einblick in die Durchgängigkeit der Infrastruktur und deren Zustand. Beides ist in Antwerpen so, dass man sich nicht unmittelbar unsicher fühlt. Man muss aber gehörig aufpassen, dass man nicht mit dem Vorderrad an irgendwelchen Kanten (zum Beispiel von Gullis oder Schächten) hängen bleibt oder abrutscht. Da klaffen dann auch schon einmal zentimeterbreite Lücken und die Wege werden teils schmal. Sie sind aber in der Regel durchgängig sicher befahrbar. Die Infrastruktur ist oft und gerade in den Außenbezirken nicht ganz neu. Auch so genannte straßenbegleitende Radwege sind dabei. Und wenn es eine große Baustelle gibt, gibt auch breite, für den Zeitraum der Baumaßnahme dauerhaft angelegte und gut markierte Umleitungsstrecken. Da wo sich andernorts Radfahrende auflösen oder ihren Weg suchen müssen, wurde hier an sie gedacht. Aber auch dort sollte man auf Kanten und Fallen achten.

Paris per Rad

In Paris haben wir außerhalb des unmittelbaren Zentrum gecampt und sind von dort in die Stadt gefahren. Der Weg – zum Beispiel bis zur Isle de la Cité/Notre Dame, war ungefähr ebenso lang wie der in Antwerpen zur Unterkunft (gut zehn Kilometer). In einem unmittelbaren Vergleich, erscheinen die Radwege in einem insgesamt besseren baulichen Zustand. Sie sind auf jeden Fall breiter und das Netz, das teils auf Bussspuren und vielfach Protected Bikelanes, oft aber auch komplett separat geführt wird, macht einen frisch modernisierten Eindruck. Direkt an der Seine – das kann ich von einer Tour 2017 beurteilen – wurden die Routen weiter ausgebaut und sind in einem sehr guten Zustand. Da man den Blick nicht ständig auf Unebenheiten richten muss, kann man die Fahrt in die Stadt genießen. Nur selten ist es im Zentrum so, dass die Verkehrsführung verwirrt und man sich fragt, wie es denn eigentlich weiter gehen sollte. Dabei gerät man zum Glück meist nicht in Kontakt/Konflikt mit dem Autoverkehr. Obgleich Autos nach wie vor auch in Paris im unmittelbaren Zentrum eine Rolle spielen. Die ist aber gefühlt deutlich kleiner, als Antwerpen, wo die „autogerechte“ Stadt noch spürbar ist.

Im Zentrum von Paris

Der Stadtkern von Paris präsentiert sich nämlich so, dass man das Gefühl hat, die Autos seien tatsächlich „ausgeladen“ von der Party. Am deutlichsten wird dies am Seine-Ufer, wo ehemalige Autostraßen und -tunnel heute den Radfahrenden, Joggern, Skatern und Spaziergängerinnen und -gängern gehören. Auch auf allen anderen Strecken im unmittelbaren Zentrum scheinen Autos – bis auf wenige Ausnahmen – auf dem Rückzug zu sein. Das ist ein angenehmer Kontrast zu vielen europäischen Metropolen. Inklusive zum Beispiel Kopenhagen, wo es im Gegensatz zu Paris meiner Meinung nach bislang nicht ausreichend gelungen ist, diesen Shift hinzubekommen. Ruhender Verkehr, sprich: parkende Autos, findet man in Paris aber auch noch zur Genüge. Und oft zwängen sich zu Fuß gehende durch enge Gehwege, während dem Auto der größte Teil der Straße zugesprochen wird. Skurril, immer wieder. Vor allen Dingen in so genannten belebten Einkaufsvierteln.

Antwerpen und das Auto

Das Zentrum von Antwerpen ist zum Verlieben. Die kleinen, verwinkelten Gässchen, laden zum Flanieren ein. Und das kann man auch gut, wenn man aufpasst, wo man hintritt. Es ist wie in Berlin: man muss eigentlich schweben. Autos fahren bis in die unmittelbare Innenstadt und parken dort in Parkhäusern oder auch am Flussufer. Die Dominanz ist hier ungebrochen, manche Straßen scheinen den größten Teil des Tages für Dauerstau vorgesehen zu sein. Und doch kann man Stunde um Stunde durch die Stadt laufen und findet immer wieder etwas Neues. Auch Parks und Freizeitbereiche wurden neu angelegt und laden – direkt neben der Autoaufbewahrung am Flussufer – zum Aufenthalt, Spaziergang oder Spielen bzw. Sport ein. Zugegeben: für Rad fahrende ist ggf. nicht so viel Platz und mit den Autos kein wirklich entspanntes Radeln zu erwarten. Vielleicht haben wir deshalb bis zur Rückfahrt zum Parkhaus darauf verzichtet?

Paris vs. Antwerpen: kein Vergleich

Wie gesagt: das alles sind Eindrücke weniger Tage und Stunden. Und die beiden Städte sind ohnehin schwer miteinander vergleichbar. In Paris sind wir mehr und gefühlt besser Rad gefahren. In Antwerpen, waren wir vor allen Dingen zu Fuß unterwegs. Und das hat sehr viel Spaß gemacht. Und Antwerpen ist deutlich kleiner und verfügt über ein klassisches Zentrum – anders als Paris. Aber vielleicht waren ja spannende Aspekte für Dich dabei? Wir haben uns auf jeden Fall in Antwerpen verguckt. Die Zwischenstation wurde zum Highlight einer kurzen Reise zwischen den Jahren, die uns eigentlich nach Paris führte. Dort ist der Shift – weg vom Auto, hin zu einer Stadt für Menschen, unmittelbar greifbar. Und auch wenn Antwerpen noch mit dem schweren Erbe einer autogerechten Stadtplanung zu tun hat, merkt man deutlich dass auch hier der Mensch in den Mittelpunkt der Planungen rückt.

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