Schon vor Antritt der Reise nach Lissabon zum diesjährigen Web Summit, habe ich versucht vor Ort ein Rad zu buchen. Da hatte ich mir noch gar keine Gedanken darüber gemacht, dass es vielleicht auch ein öffentliches Verleihsystem geben könnte. Uber hatte im Frühjahr des Jahres sein stationsloses E-Fahrrad Verleihsystem Jump in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon ausgerollt und die Flotte in der Folgezeit sogar noch ausgebaut. Einmal vor Ort, ist die Anwesenheit der pinken Bikes nicht zu ignorieren. Sie sind fast so präsent, wie die allgegenwärtigen Roller unterschiedlicher Anbieter. Und da meine Versuche, ein Rad im stationären Handel zu buchen an den Öffnungszeiten der Läden gescheitert war, kam ich zu meinen ersten Erfahrungen mit Jump. Mit Fahren hatte das im ersten Moment wenig zu tun. Dafür brauchte es mehr als einen Anlauf.
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Erstes Web Summit in Lissabon
Wenn ich eine Stadt bereise, dann kann ich mir nicht vorstellen, dort nicht Rad zu fahren. Als klar war, dass ich einigermaßen spontan beim diesjährigen Web Summit in Lissabon dabei sein würde, habe ich sehr bald versucht online ein Rad zu leihen. Das ist im Prinzip in einer touristisch geprägten Stadt kein Problem. Ich wollte den Besuch der Veranstaltung aber nicht von den Öffnungszeiten der Einzelhändler abhängig machen und musste daher und vor dem Hintergrund des Koordinationsaufwands die Idee verwerfen.
Da bietet ein öffentliches Verleihsystem natürlich deutliche Vorteile. Auch wenn ich aus verschiedenen Gründen nicht unbedingt ein Freund dieser Lösung bin. Vor allen Dingen wegen des Erscheinungsbildes in den Straßen. Im vergangenen Jahr hatte ich in New York noch erfolglos versucht, mehr über Ubers Jump Verleihsystem in Erfahrung zu bringen. Auf dem Navy Yard Gelände wurde zu dieser Zeit noch im geschützten Bereich getestet. Schon seit Anfang diesen Jahres, wurde Jump in verschiedenen Städten in Europa ausgerollt. U. a. In München, Berlin und London, zuletzt in Rotterdam und auch in Lissabon und so konnte ich also Rad fahren und Erfahrungen mit Jump machen.
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Beta Tester für Jump von Uber
Noch im AirBnB schaue ich am Morgen auf der App nach verfügbaren Rädern. Da gibt es aufgrund der zahlreichen Bikes auch einiges in der Nähe und noch während ich schaue, sind Räder gebucht. Ich reserviere ein Rad und mache mich auf den Weg. Vier Minuten und zwei Straßenecken weiter steht mein erstes Fahrzeug. Ich scanne den QR-Code, dass Schloss öffnet sich und ich will losradeln. Aber das Hinterrad ist nahezu vollständig platt. Ich rolle trotzdem los und an Fahren ist wegen der Einbahnstraßenregelung auf den ersten Metern ohnehin nicht zu denken. Auf diese Art und Weise komme ich zur Hauptverkehrsstraße. Dort stehen zwei weitere Bikes. Der Versuch diese frei zu schalten, scheitert allerdings aus irgendwelchen Gründen. Die Zeit läuft mir davon, ich will nicht weiter suchen und entscheide mich, doch mit der Metro zu fahren. Das Ganze hat mich wohl eine Viertelstunde gekostet und damit 3,50 Euro, für ein Rad das ich nicht benutzen konnte.
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Per Rad und Uber durch Lissabon
Am Abend, wage ich einen weiteren Anlauf. Vor dem Web Summit Veranstaltungsgelände stehen zahlreiche Jump Räder, die aber wiederum nicht alle ohne weiteres frei zu schalten sind. Ich liefere mir eine Art Wettlauf mit einem netten Holländer um das nächste freie Jump Fahrrad. Ist das Teil des Konzepts, frage ich mich? Nach wenigen Minuten bin ich „siegreich“ und kann losradeln. Vom ehemaligen Expo-Gelände geht’s Richtung Süden am Wasser entlang zur Altstadt. Das Potenzial der Waterfront hat die Stadt Lissabon noch nicht wirklich erschlossen. Aber zumindest scheint es erkannt zu sein. Neben Industrie- und Gewerbebereichen sieht man neu erschlossene Parks. Und die Gestaltung der Radwege auf den knapp zehn Kilometern, spiegelt diese Abwechslung wider. Auf den ersten hundert Metern, fahre ich auf einem breiten grün markierten Radweg. Der endet in einem viel befahrenen Kreisel. Ohne Zurückhaltung ordne ich mich in den fließenden Autoverkehr ein. Das Rad fährt sich gut, der Sattel kann auch bei meinen 1,95 Meter Größe auf die passende Höhe gestellt werden und insgesamt macht das Bike einen stabilen und robusten Eindruck. Könnte ein bisschen schneller sein (und unterstützen), denn wenn die E-Unterstützung jenseits der 25 km/h weg ist, merkt man auch das Gewicht des Rades.
Rechter Hand sehe ich einen Radweg zwischen den Bäumen. Über einen hohen Bordstein kann ich dieses Wunderwerk erreichen. Alle paar Meter ist ein Stop-Piktogramm markiert. Ein Schild unterstützt den seltsamen Eindruck: der Radweg „endet“ an jeder der zahlreichen Straßeneinmündungen. Die ganze Anlage nach nicht einmal 500 Metern. Am Ende stehe ich vor einer Treppe nach unten. Aber direkt am Wasser. So oder so ähnlich geht es weiter. Ich lasse die Bilder für sich sprechen – viele Schilder, viele Markierungen und wenig fahrradfreundlich. Wie in fast jeder größeren europäischen Stadt.
Meine erste Fahrt mit Jump
Das Fahrrad surrt angenehm und unaufgeregt Richtung Altstadt. Die Fahrt endet im touristischen Trubel und zwischen Autoschlangen nach gut einer halben Stunde. Es gelingt mir noch den Sonnenuntergang über den Strand und der prägnanten „Ponte 25 de Abril“ Brücke einzufangen. Dass an dieser Stelle so viele Autos sind, will sich mir nicht erschließen. Auch das scheint in jeder europäischen Metropole einheitlich (schlecht) geregelt zu sein. Und ich störe mich an Rollern und öffentlichen Leihrädern im Straßenbild. Naja.
Die App teilt mir mit, dass ich das Rad an dieser Stelle nicht abstellen darf. Skurrile drei Sekunden gibt mir die Anwendung, um die Fahrt fortzusetzen und einer 15 Euro Gebühr zu entgehen. Ich verstehe zu langsam, worum es geht, parke das Rad zwei Minuten später um und das System registriert das nicht einmal als weiteren Entleihvorgang. Die 15 Euro tauchen trotzdem auf der Rechnung auf. 22 Euro statt 7 Euro für die halbstündige Fahrt. Das Geld vom Morgen, hatte ich bereits erstattet bekommen. Nun wende ich mich wieder an den Support.
Mein Fazit? Ich bin froh, dass es ein Angebot wie Jump in Lissabon gibt. Für mich als Radfahrer macht das stationslose System das Leben ein bisschen leichter. Und es funktioniert, von Plattfüßen und anderen Unwägbarkeiten einmal abgesehen.