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Blogbeiträge

Gastbeitrag: Printmedien im Wandel

Ich habe Fenna kennen gelernt, als ich mit ihr und dem Isensee-Verlag in Oldenburg zusammen gearbeitet und mein Buch veröffentlicht habe. Mittlerweile gibt es „Life Cycle“ auch als E-Book und weil Fenna sich in ihrer Bachelor-Arbeit mit dem Thema „Printmedien im Wandel“ beschäftigt hat, hat sie mich zum Thema Nachhaltigkeit und Nutzungsanforderungen interviewt. Ich habe mich riesig gefreut, als sie nach bestandener Prüfung im Rad-Café vor mir stand und zu recht mit Stolz eine bemerkenswerte Arbeit dabei hatte. Ich darf diesen Teil der Ausarbeitung hier in Form eines Gastbeitrages veröffentlichen.

Fenna Jürgens schreibt seit Jahren gern Geschichten und entschied sich 2019, dies in einem Journalismusstudium professionell zu lernen. Durch die Arbeit im Isensee-Verlag in Oldenburg entstand der Kontakt zu Frank Glanert, der somit Teil des von Fenna Jürgens im Rahmen ihrer Bachelorarbeit erstellten Magazins „Printmedien im Wandel“ wurde. Die ehemalige Studentin erlebt immer wieder Momente, in denen sie besondere Geschichten einfängt und darüber schreibt. Nun wird es endlich Zeit, diese zu veröffentlichen…

Gastbeitrag von Fenna Jürgens

Sie haben im vergangenen Jahr Ihr erstes Buch veröffentlicht. Auf Ihrem Blog findet man folgendes Zitat: „Ein Buch zu schreiben, schien mir nicht nur aufwendig, sondern in unserer schnelllebigen Zeit und mit digitalen Konsumgewohnheiten unnötig“ – können Sie das erläutern? 

Nachdem ich angefangen habe, regelmäßig zu bloggen, habe ich festgestellt, dass im Internet eine Art „Kampf um Aufmerksamkeit“ herrscht. Die Konsumgewohnheiten unserer Gesellschaft reduzieren sich immer mehr auf „kurze Schnipsel“, also kurze Videos, die zum Beispiel auf Tiktok 15 oder 30 Sekunden lang sind, bei denen man einfach von einer Geschichte zur nächsten wischt oder Webseiten gar nicht erst anklickt, wenn diese nicht mobil optimierbar sind. Unter diesen Umständen fand ich es sowohl aufwendig als auch unnötig, ein Buch zu schreiben, bei dem die Zielgruppe es gar nicht gewohnt ist, sich auf längere Texte einzulassen. Die Bereitschaft, Blogeinträge zu lesen, ist verschwindend gering und verglichen damit ist ein Buch erheblich lang. 

Und wieso haben Sie sich schließlich doch für ein Buch entschieden?

 Ich habe doch festgestellt, dass das, was ich zu erzählen habe, eine gewisse Beständigkeit hat und gemerkt, dass ich gern eine Leserschaft finden möchte, die sich auf die ganze Geschichte einlässt und eben nicht nur Bruchstücke im Internet konsumieren möchte. Außerdem wollte ich gern mit Querverweisen arbeiten und es Lesern ermöglichen, ohne Ablenkung vor- und zurückzublättern. Einem Buch wird dadurch eine ganz andere Aufmerksamkeit geschenkt. Das Wiederfinden von Textstellen gestaltet sich beim gedruckten Buch auch weitaus einfacher. Nicht zu vergessen die Haptik und der Geruch, das Papier … das hat einen ganz anderen Stellenwert für mich.

Es existiert auch eine E-Book Version Ihres Buches. Wie kam es dazu? 

Aus Gründen der Verfügbarkeit macht es Sinn, auch ein E-Book zur Verfügung zu stellen. Beide Produkte sind gesellschaftlich gefragt, denn beide haben ihre Vorteile. 

Lesen Sie persönlich lieber gedruckt, digital oder in beiden Formaten? Wovon machen Sie das abhängig? 

Umfangreiche Bücher lese ich am liebsten in gedruckter Form, ich habe mich in den letzten Jahren allerdings immer weiter in Richtung online – beziehungsweise digital – verändert. Ein E-Reader ist leicht und gut beleuchtet, also vom Komfort her hat das Lesen darauf schon Vorteile. Meistens habe ich beides im Gepäck – meinen E-Reader und ein oder zwei gedruckte Bücher. Aus Gründen der Nachhaltigkeit auch gerne Bücher, die gebraucht oder geliehen sind.

Denken Sie, dass man sich als Leser*in an gedruckte Inhalte intensiver erinnert als an digitale Inhalte? 

Das glaube ich nicht. Mir kommt es eher auf die Inhalte selbst an. Beim Lesen – ob gedruckt oder digital – spreche ich ja keine weiteren Sinne an. Bestimmt erinnere ich mich besser, wenn ich ein Zitat aufschreibe und meine Hand-Augen-Koordination das Zitat intensiver abspeichert. Beim reinen Lesekonsum kommt es aber mehr darauf an, was einen als Leser begeistert. Ob digital oder analog spielt meiner Meinung nach keine Rolle.

Welche E-Reader oder Apps / Angebote nutzen Sie genau?

 Ich habe seit einigen Jahren einen Tolino, der heißt „Tolino Shine 3“ und ist relativ leicht. Ich glaube der wiegt etwa 150 Gramm und ist beim Lesen in der Hand auf jeden Fall angenehmer als ein gedrucktes Buch, wenn man zum Beispiel auf der Seite liegt, da man keine linke und rechte Seite hat. Meine Wahl fiel damals auf den Tolino, weil der sehr handlich und gut beleuchtet ist, der Hauptverwendungszweck – das Lesen – ist gegeben, auch wenn in Richtung Usability sicher noch Luft nach oben ist. Das grundsätzliche Preis-Leistungsverhältnis finde ich ansprechend, ich bekomme da Empfehlungen, der Akku hält sehr, sehr lange, also da komme ich eine gute Woche mit hin, selbst wenn ich viel lese. Und die Bedienung ist auch nicht schwer. 

Würden Sie Ihren Tolino bzw. E-Reader grundsätzlich also empfehlen? 

Ja, ohne Einschränkungen. Die Nutzung von E-Readern bedeutet ja nicht, dass man gedruckte Bücher aufgeben muss. Ich bin sehr zufrieden damit, beides zu nutzen und sehe genau darin die Vorteile.

Welche Art Buch (analog oder digital) würden Sie denn Kindern empfehlen? 

Das würde ich sehr vom Alter abhängig machen. Bis zu einem Alter von 10 oder 12 Jahren würde ich Kindern großformatige Bücher ans Herz legen. Allein aufgrund der Darstellung von Bildern, das ist bei gedruckten Büchern ein ganz anderes Erlebnis. Wenn ich darüber nachdenke, wie oft Kinder heutzutage schon digitale Medien konsumieren, denke ich, sollten Kinder so gut es geht auf elektronische Dinge verzichten. Dadurch verlieren Kinder nicht den Bezug zu dieser Haptik eines Buches, dem Geruch, dem Gewicht. Diese Komponenten, die auch ich beim analogen Lesen sehr schätze. Sicher können auch Kinder die praktischen Vorzüge von digitalen Angeboten wie E-Readern nutzen. Es ist ja bekannt, dass man vom Lesen im Dunklen schlechte Augen bekommt. Da könnte ein E-Reader eine gute Alternative sein. Heranwachsende sollten aber definitiv Erfahrungen mit analogen Büchern machen.

Nutzt Ihr Umfeld eher analoge oder digitale Angebote? 

Der gesellschaftliche Trend entwickelt sich auf jeden Fall weg von den gedruckten Medien. Ich höre oft, dass Printmedien keinen klaren Vorteil gegenüber Onlineangeboten mehr bieten. Sicher hat das Ganze auch viel mit persönlichen Präferenzen zu tun. Einen allgemeinen Trend in meinem persönlichen Umfeld sehe ich eher nicht, doch beim eigenen Buch habe ichwiederum festgestellt, dass das gedruckte einen hohen Stellenwert hat. 

Nehmen Sie denn Unterschiede im Umgang bei verschiedenen Generationen wahr? 

Ich habe einen großen Kontaktkreis und würde sagen, dass ich viele Freunde und Bekannte habe, die sowohl älter als auch jünger sind als ich. In der älteren Generation sehe ich, dass sich da eher von digitalen Medien ferngehalten wird, dadurch wird aber weniger Teilhabe möglich – wenn Informationen zum Beispiel nicht in der Zeitung sondern nur online stehen. Gleichzeitig ist die jüngere Generation zwar mit diesem digitalen Informationsfluss vertraut und scheut sich nicht vor digitalen Angeboten. Ich kenne einige junge Menschen, die ihre Bücher digital konsumieren – sei es nun für Studienzwecke oder privat.

Welche negativen Aspekte sehen Sie bei der Nutzung von E-Readern? 

Mir fallen bis auf die zu frühe Nutzung bei Kindern keine negativen Aspekte ein. Unsere Gesellschaft befindet sich in einem digitalen Wandel und es sollte nicht an einem veralteten Bild festgehalten werden. Also der Stellenwert von Printmedien ändert sich aktuell sicher, aber ich denke die Nutzung digitaler Angebote hat soweit keine negativen Aspekte. 

Denken Sie somit, digitale Angebote könnten gedruckte Bücher, Zeitschriften und Zeitungen eines Tages gänzlich ablösen? 

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Im Kontext meines eigenen Buchdrucks habe ich mich viel mit dem Prozess dahinter beschäftigt. Es gibt Buchdruckmaschinen, die gar nicht mehr gebraucht werden oder wo es einfach niemanden mehr gibt, der weiß wie sie funktionieren. Das ist eben diesem digitalen Wandel zuzuschreiben. Natürliche hat analoger Druck auch etwas mit kultureller Erhaltungsarbeit zu tun, und das ist ja auch etwas Schönes. Aber ich bin sicher, dass vieles verloren gehen wird und gedruckte Bücher möglicherweise nur insofern weiter bestehen, wenn sie eine Art Renaissance erfahren. Aktuell kommen Vinyl-Platten wieder, vielleicht haben gedruckte Bücher eines Tages auch einen ähnlichen Stellenwert oder werden nur in besonderen Formaten noch gedruckt konsumiert. Es gibt heute schon Sammlerstücke. Im Gegensatz zu Massenmedien wie Taschenbüchern bleibt sowas bestimmt eher bestehen.

Sie lesen sowohl E-Books als auch analog und haben vorhin gesagt, Sie würden sich aus Gründen der Nachhaltigkeit gern für geliehene oder gebrauchte Bücher entscheiden. Wie beurteilen Sie die Nachhaltigkeit analoger und digitaler Bücher? 

Während des Druckprozesses meines Buches habe ich mich sehr intensiv mit genau dieser Frage beschäftigt. Ich wollte wissen, welche Art des Konsums der Nachhaltigkeit gerecht wird. Aber es ist schwer, ein abschließendes Urteil darüber zu fällen, was nachhaltig ist und was nicht. Zum einen ist es wichtig, nicht nur das Endprodukt – gedrucktes Buch oder E-Reader – und dessen Zukunft zu bedenken, sondern sich den gesamten Entstehungsprozess dieser Produkte anzusehen. Man kann außerdem viele Aspekte hinzuziehen wie Wasserverbrauch, Materialien, jegliche Arbeitsbedingungen und viele weitere umfangreiche Faktoren. Gerade beim Buch sollte vorrangig der Produktionsprozess betrachtet werden: Wie viel Energie wurde für die Papiergewinnung verbraucht? Welches Papier wird verwendet? Wie viele Leistungen wurden erbracht, bis der erste und letzte Buchstabe auf dem Papier ist und das Produkt beim Endverbraucher ist? Und wer ist überhaupt der Endverbraucher? Hinzu kommen weitere Ressourcen wie Personalaufwand und Logistik. Dem gegenüber steht das E-Book. Das Layout ist dasselbe, der Druckprozess fällt weg. Aber was sehr wichtig ist: E-Books werden ja nicht gestreamt wie Filme, also als Verbraucher ist man nicht online, während man liest, sondern lädt sich die Datei vom Server herunter. Hier stellt sich auch die Frage, ob der jeweilige Server durchgehend erreichbar ist oder ob auch hier ressourcenschonend gearbeitet wird. Dieser Aspekt wird selten betrachtet, wenn es um die Frage geht, wie nachhaltig E-Reader denn nun sind. Websites sind dagegen beispielsweise dauerhaft abrufbar, also online, E-Books eben nur während des Downloads. Aspekte wie Transport, Lagerung und Logistik fallen hier gänzlich weg. Beim digitalen Lesen verbrauche ich wenig Strom, genau so wie bei einer effizienten Glühbirne, die ich fürs analoge Lesen brauche. Wahrscheinlich ist das Ganze recht ausgeglichen.

Eine wichtige Frage für Verbraucher*innen ist auch: „Wie ist das mit den Papier- bzw. Elektroabfällen?“ Was sagen Sie dazu?

E-Reader werden nicht regelmäßig ausgetauscht. Sie sind sicher optimierbar und werden weiterentwickelt, aber was den Elektroschrott angeht, da sehe ich Handys als ein größeres Problem. E-Reader haben eine eindimensionale Funktion – das Lesen. Ich sehe es als wahrscheinlich, dass sie im besten Fall nicht so stark optimiert werden, dass Verbraucher sie alle paar Jahre ersetzen möchten. Eine solche Kritik greift häufig eine allgemeine Entwicklung auf – die in Richtung Digitalisierung – aber E-Books und gedruckte Bücher zu vergleichen ist sehr komplex. E-Reader sind nicht dem klassischen Konsumzwang unterworfen wie zum Beispiel Handys, und werden auch nicht so stark optimiert, dass sie alle paar Jahre von Verbrauchern ersetzt werden. Der Aspekt des Online-Seins spielt, wie bereits erwähnt, beim digitalten Konsum eine große Rolle bezülich des Energieverbrauchs. Damit wir in der Gesellschaft digital nachhaltiger werden, muss besonders das betrachtet werden. Ich denke, dass beide Medien sich allein durch diese Frage in einem Wandel befinden und sich da in Zukunft noch einiges zeigen wird bezüglich Konsum und Nachhaltigkeit. 

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