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Velo Lab in Bremen

Ich bin viel unterwegs im Moment und jetzt war ich zu Besuch bei Velo Lab in Bremen. Mit Jap hatte ich kurz zuvor schon über die Idee für ein Rad-Café gesprochen – genau genommen war er einer der ersten mit denen ich mich ausgetauscht habe. Jetzt, wo es irgendwie konkreter wird. Ich wusste, dass die Fahrradmanufaktur von Velo Lab umgezogen ist und innerhalb von Bremen neue Räume auf dem Kellogg Areal auf der Überseeinsel bezogen hat. Aber ich war ehrlich gesagt baff, als ich morgens vor der Tür stand und begeistert umso weiter ich die 440 Quadratmeter erkunden durfte. Das Velo Lab ist ein wirklich toller Ort. Da trat der eigentliche Grund für meinen Besuch ein bisschen in den Hintergrund: ich wollte das neue Gravel-Lastenrad von Velo Lab testen und fotografieren. Ein wunderschönes und superleichtes Lastenrad mit klassischem Doppelrohrrahmen, in das ich mich vielleicht – ohne es zu merken – bereits einige Wochen zuvor bei unserem ersten Treffen, verliebt hatte.

Velo Lab Manufaktur

Die Räume von Velo Lab befinden sich heute in einer Industriebrache, auf dem ehemaligen Kellogg Areal auf der Bremer Überseeinsel. Velo Lab ist zweifelsfrei ein Bremer Unternehmen, eine Manufaktur, die seit ihrer Gründung an der Weser produziert. Aber erst seit dem Umzug von Bremen-Nord ins Zentrum, fühlt es sich für den einen oder anderen auch so an. Und hey: was für ein Antritt ist das bitte? Außen und Innen sind die stilvoll gestalteten Lab-Räume mattgrau gestrichen und so ist der Showroom düster-einladend schön. Gestaltet und designed vom zweiten im Bunde: Stathis Stasinopoulus. Gemeinsam mit Jap Kellner baut er seit 2017 Fahrräder – City- und Gravelbikes und eben Lastenräder. Mit insgesamt zwölf Angestellten kommen sie auf 100 bis 300 Räder pro Jahr, die an Ort und Stelle geschweißt und montiert werden. Auch lackiert werden die Räder hier bzw. inzwischen pulverbeschichtet. Was die Auswahl der Farben für die Kunden extrem umfangreich macht. Stathis designed alle Modelle selbst. Als er 2017 aus Athen nach Bremen kam, brachte er auch das besondere, CO2 reduzierte Alumium, mit. Ein Werkstoff, der die Velo Lab Räder besonders macht.

Made in Heaven Bremen

Habt ihr Euch schon einmal überlegt, was Hand-Crafted und Heat-Treated Aluminium bedeutet? Ich auch nicht. Jap erzählt mir, dass die Verarbeitung des 6 Meter langen Rohmaterials – die Rohre aus einer Aluminium-Legierung – gut und mit einfachen Werkzeugen möglich ist. Sie können beispielsweise mit einer handelsüblichen Kappsäge abgelängt werden. Beim Schweißen, entstehen neben der heißen Naht Schwachstellen, weil sich die Molekülstruktur verändert. Normalerweise werden Fahrradrahmen deshalb nach dem Schweißen mit Wärme behandelt (Heat-Treated). Dieser Schritt fällt bei den Velo-Lab Rädern weg, weil sich das Material durch einen „natürlichen Alterungsprozess“ stabilisiert. Wir sind mittlerweile tief in die Werk- und Lagerräume vorgedrungen. In Zukunft will Velo Lab auch eigene, ovale Rohre als Ausgangsmaterial fertigen lassen. Bislang liegen hier im Lager Standardformate aus Stathis Heimat Griechenland.
Beim neuen Gravel-Lastenrad, gibt es eine weitere Neuerung, erläutert Jap, da wo wir stehen anhand des Lagermaterials. Die Rohre für den vorderen Korb werden jetzt gebogen und nicht mehr wie zuvor an zwei Stellen geschweißt. Das ist auf der Länge und mit diesem Rohrduchmesser gar nicht so einfach. Ein Partnerunternehmen aus der Region hat sich der Herausforderung gestellt, eigens passendes Werkzeug angeschafft und setzt den Arbeitsschritt erfolgreich um. Die Konstruktion gewinnt so noch einmal an Steifigkeit und ästhetisch passt es auch zum geschwungenen Dopplerohrrahmen.

Karo Gravel-Lasti

Es ist eben dieses doppelte Oberrohr, das mich von Anfang an in den Bann gezogen hat. Eine Bauart, wie man sie schon bei historischen Rädern findet. Elegant und ein echter Augenschmaus, der jetzt auch eine Entsprechung in den geschwungenen Rohren des Lastenradkorbes findet. Das Doppelrohr bietet auch bei der Herstellung verschiedener Vorteile, erläutert Jap als Fahrradbauer. Beim Bau des Rahmens spart es Zeit und auch das Verlegen der Züge ist einfacher und damit zeiteffizienter. Wichtige Aspekte für eine Manufaktur, die ihre in Deutschland gefertigten Produkte zu einem konkurrenzfähigen Preis anbietet. Nur 3.500 Euro kostet das Gravel-Lasti am Ende. Und ist mit 18 Kilo ein absolutes Leichtgewicht. Aber wie fährt es sich denn nun eigentlich?

Um es kurz zu machen: es ist einfach mega. Das kompakte Lastenrad fährt sich wie ein echtes Gravel-Bike. Es ist super wendig und mehr als einmal habe ich gedacht, ich könnte einfach auch die nächsten Treppenstufen damit runterknattern (hab ich nicht gemacht Jap, keine Angst). Die patentierte Lenkung mit den Seilzügen wirkt etwas fester als beim Standardrad – daran gewöhnt man sich schnell. Und weil in Bremen auch nicht alle Wege super glatt oder befestigt sind, spielt das Bike seinen Gravel-Charakter voll aus. Ich bin schon eine ganze Reihe von Lastis gefahren – von zwei- und dreirädrigen Familienkutschen bis zum sportlichen Zweirad – so etwas hatte ich tatsächlich noch nicht unterm Po.

Bremen Bike It!

Meine Tour führt mich an diesem Nachmittag übrigens zu Bremen Bike it! eine Rad-Initiative die zur Wirtschaftsförderung (WFB) der Stadt gehört. Die WFB hat die Ansiedlung des wachsenden Unternehmens auf der Überseeinsel unterstützt, nutzt selbst Lastenräder und kümmert sich um das Thema Citylogistik mit dem Rad. Mich interessieren heute vor allen Dingen die erfolgreichen Film-Nightrides der Fahrradinitiative. Aber das ist eine andere Geschichte. Vorstellbar, dass diese Filmnächte zum Beispiel auch in den vielversprechenden Räumen von Velo Lab Station machen. Sicher scheint schon jetzt, dass das junge Bremer Unternehmen ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt auch zukünftiger Netzwerkaktivitäten sein wird. Am 4. November 2021 trifft man sich dort zum 1. Bremer und Bremerhavener Stammtisch der Radlogistik. Und wer weiß vielleicht entsteht ja in dem Velo Lab Showroom in Zukunft eine Art Bike-Café?

Mehr Infos zu Velo Lab gibt’s hier.