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Blogbeiträge / Radverkehr

Cycling for Sustainable Cities

Buch Cycling for Sustainable Cities

Das Buch Cycling For Sustainable Cities ist gerade frisch im MIT Press Verlag des Massachusetts Institute of Technology erschienen und entwickelt sich für mich schnell zu so etwas wie einem Nachschlagewerk. Es handelt sich um den Nachfolger des 2012 erschienenen Buches City Cycling der beiden Autoren Ralph Buehler und John Pucher. Sie kuratieren die Ausführungen und Arbeitsergebnisse unterschiedlichster Autoren. Und machen deutlich, dass Cycling for Sustainable Cities mehr als eine Neuauflage ist und gehen intensiv und verständlich auf sehr verschiedene Aspekte der Themen Rad fahren, Radverkehrsförderung, -infrastruktur und -planung ein. Ausführungen zu sozialen und internationalen Aspekten begeistern mich gerade am meisten. Die einzelnen Bereiche bilden in sich abgeschlossene Lesebereiche – mit zahlreichen Querverweisen – so dass man nicht gezwungen ist, das Buch von vorne bis hinten durchzulesen.

Women and Cycling

So kommt es nicht von ungefähr, dass ich mich im Rahmen der Buchrecherche zunächst mit ausgewählten Themenbereichen beschäftigt habe. Dazu gehört das Kapitel Women and Cycling: Adressing the Gender Data Gap, dass alleine vom Titel schon an die Veröffentlichung von Caroline Criado-Perez anknüpft, die mich und meine Gedanken ordentlich durchgerüttelt hat. Überrascht hat mich im Zusammenhang mit diesem Kapitel die Idee, den Anteil Rad fahrender Frauen mit dem Wachstum des Radverkehrs und dessen Anteil am Gesamtverkehrsaufkommen in Korrelation zu bringen. Auch die Rückschlüsse des Autors Jan Garrad in Bezug auf die Sozio-Ökonomischen Faktoren, die das Rad fahren von Frauen beeinflussen, haben für mich einiges Neues bereit gehalten. Zum Ende zitiert er Marie Polkamp, die sinngemäß sagt: „Radfahrer in ihrer Gesamtheit werden als Verkehrsteilnehmer schon nicht respektiert. Jetzt füge noch hinzu eine Frau zu sein und Du wirst noch weniger respektiert.“ Ein lesenswertes Kapitel. Weitere Kapitel drehen sich um Soziale Gerechtigkeit, ältere Radfahrer und zum Beispiel auch Kinder und Rad fahren.

Kreuzung in Kopenhagen
Kreuzungssituation in Kopenhagen: hier sind nicht nur viele Autos unterwegs, sondern auch unfassbar viele Radfahrer und anteilig viele Frauen.

Rad fahren in Amsterdam und Kopenhagen

Der internationale Vergleich von Städten oder auch Ganzen Kontinentalregionen ist aus meiner Sicht ein weiterer spannender Fokus des Buches. Neben z.B. New York, Paris und London kümmern sich drei Autoren um den Vergleich der Fahrrad-Weltstädte Amsterdam und Kopenhagen, die schon seit einiger Zeit den ersten Platz des so genannten Copenhagenize-Index unter sich ausmachen. Mit außerordentlich spannenden Einsichten, z.B. auch zum Thema Autobesitz und Autofahrten in Kopenhagen. Hatte mich ja auch schon über die Situation in der Dänischen Hauptstadt gewundert und sehe in Sachen Autoverkehr mein Bauchgefühl bestätigt. Und sogar in den Zahlen spiegelt sich das wider: statt der angestrebten rund 50 Prozent Radverkehrsanteil, stagniert dieser Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen bei rund 30 Prozent und ist sogar leicht rückläufig. Und auch zu Amsterdam hält der Beitrag einige interessante und neue Informationen bereit. Wobei in beiden Fällen deutlich wird, dass es nicht nur um Radverkehr und dessen Förderung geht und historisch ging. Sondern vielmehr auch um ganz unterschiedliche Bedarfe verschiednere Bevölkerungsgruppen und Fragestellungen zum Beispiel der Stadtplanung. Und das darüber hinaus rein zahlenmäßige Betrachtungen Grenzen haben. Da ist sicher etwas dabei, das ich aufgreifen kann und das an die Überlegungen zu qualitativen und Mensch zentriertem Vorgehen anschließt.

Rad fahren in Lateinamerika

In den letzten zehn bis 20 Jahren hat das Thema Radverkehr und das Rad fahren an sich in Ländern wie zum Beispiel Mexiko, Kolumbien oder Chile an Bedeutung gewonnen und zu nachhaltigen Veränderungen geführt. Im Rahmen meiner Recherchen habe ich Kontakt zu verschiedenen Aktivistinnen und Interessengruppen aufgenommen. Die Einblicke, die die Autoren in diesem Kapitel bieten, reichen von zahlenbasierten Betrachtungen bis hin zu soziologischen und sozialen Einordnungen, die dazu geeignet sind, sich aus der Ferne ein gutes Bild zu verschaffen. Insbesondere die immer noch sehr geringen Radverkehrsanteile, der Anteil der Rad fahrenden Frauen, aber auch Themen wie Sicherheit, soziale Anerkennung und die Zusammenarbeit mit Graswurzelbewegungen in Verbindung mit effektiver öffentlicher Förderung, stellen ein breites und sehr spannendes Themenfeld dar.

Sustainable Cities and Cycling

Das Buch stellt aus meiner Sicht ein interessantes und umfassendes Werk dar, dessen Kapitel sich hervorragend auch einzeln im Sinne von Fachartikeln lesen lassen. In gut verständlicher Sprache, mit zahlreichen Quellen und inhaltlichen Querverweisen, ist das Buch Cycling for Sustainable Cities eine gute und auch unterhaltsame Fachlektüre und zugleich umfangreiches, aktuelles Nachschlagewerk zu verschiedensten Themen. Neben den oben ausgewählt dargestellten Bereichen – meine ersten Favoriten beim Lesen – enthält es Beiträge zum Beispiel zu E-Bikes und Pedelecs, Fahrradparken und -verleih. Aber auch Basisthemen wie Sicherheit, Gesundheit und Infrastruktur, Richtlinien und Interessenvertretung.