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Blogbeiträge

Komplexität zulassen und Dinge auf sich zukommen lassen

Die „Welt da draußen“ ist komplex. Das fängt mittlerweile nicht einmal mehr sprichwörtlich vor der eigenen Haustür an, sondern zunehmend auch in den eigenen vier Wänden, im unmittelbaren persönlichen Umfeld. Das Leben und seine Möglichkeiten scheinen zunehmend herausfordernd und verwirrend. Und es ist wahrscheinlich ein ganz menschlicher Zug, dass wir die Komplexität für uns auflösen wollen. Es liegt in der Natur des Menschen „verstehen zu wollen“, den Dingen einen Sinn geben zu wollen, auch um sich orientieren zu können. Komplexität anzuerkennen und zuzulassen ist eine Herausforderung und den Blick nicht frühzeitig zu verengen, sich zu schnell zu fokussieren, um nicht überwältigt zu werden auch. Dabei ist es heute – in einer sich zunehmend beschleunigt entwickelnden Umwelt – wichtiger als früher, den Dingen offen zu begegnen, Entwicklungen und im „laufenden Prozess“ Änderungen zuzulassen. Bereit zu sein, von einem einmal gefassten Plan abzuweichen und die Komplexität, die uns „da draußen“ begegnet uns ein Stück weit zu Eigen zu machen.

Komplexität bedeutet Herausforderung

„Keep it simple“ ist einer dieser tragenden Sätze, der Erfolg verspricht. Kaum ein einzelner Mensch versteht heute noch die komplexen Systeme in Wirtschaft und Technik. Da wo Systeme miteinander verschmelzen wird es noch schwieriger die Komplexität in den Griff zu bekommen. Kommen dann auch noch Faktoren wie die Zeit und die sozialen Systeme bis hin zum einzelnen Menschen hinzu wird es schon sehr theoretisch und schnell philosophisch. Und obgleich wir alle keine Philosophen sind, bilden wir uns eine Meinung „wie das Ganze miteinander zusammen hängt“. Wir scheinen das zu brauchen, um unser Handeln danach auszurichten. Ja, um überhaupt handlungsfähig zu sein.
Dieses eigene Abbild der Wirklichkeit, unser individueller Umgang mit einer immer komplexer werdenden Umgebung erhalten wir meist durch eine Fokussierung: wir beschäftigen uns nicht mit Allem gleichzeitig und richten den Blick auf einzelne Aspekte. Sprich: wir nutzen „Scheuklappen“.

Häufig nehmen wir nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit wahr und blenden die gesamte Komplexität so gut es geht aus.

Komplexität Raum geben

Ich behaupte: gesunde Scheuklappen sind gut, aber Komplexität lässt sich nicht durch Beschränkungen in der Wahrnehmung auflösen. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn ich es schaffe, komplexe Herausforderungen als solche anzuerkennen UND mich und mein Wirken darauf auszurichten, habe ich eine echte Chance, Lösungen und Orientierung zu finden. Es gibt heute nicht mehr die eine Lösung, die eine Wahrheit, den einen richtigen Schritt, den es als nächstes zu tun gibt. Weder für Dich und mich persönlich, noch für die Gesellschaft, Regierungen oder Unternehmen. Alle sind meines Erachtens aufgefordert, mit der Suche nach „zu einfachen Lösungen“ aufzuhören und damit zu beginnen Komplexität, Diversität und sich beschleunigende Veränderungen anzuerkennen. Und damit umzugehen zu lernen.

Lösung auf dem Weg zum Ziel

Wenn ich eine Brücke bauen will – also ganz real als Verbindung zwischen zwei Punkten – macht es Sinn sich vorher zu überlegen, wie die Brücke aussehen soll, aus welchem Material sie bestehen und wie die Konstruktion sein soll. Während des Baus der Brücke werde ich grundsätzliche Änderungen nur mit viel Mühe und hohen Kosten vornehmen können. Wenn es überhaupt möglich ist. Womöglich fange ich wieder ganz von vorne an.
Eine Brücke zu bauen, ist eine komplexe und herausfordernde Aufgabe. Ist die Brücke groß genug und die Bauzeit lang, gibt es neben statisch-baulichen und wirtschaftlichen Einflussfaktoren vielleicht auch politische, soziale und sagen wir gesamtwirtschaftliche Aspekte, die eine Rolle spielen. Wir tun vielfach so, als seien die täglichen Herausforderungen, Projekte und Aufgabenstellungen mit dem Bau einer solchen großen Brücke vergleichbar. Aber das sind sie häufig keineswegs. Sie sind weder ähnlich planbar, noch sind die Einflussfaktoren und ihre konkreten Auswirkungen annähernd gleich.

Grenzen in der eigenen Wahrnehmung akzeptieren, statt künstlich zu reduzieren kann man lernen.

Reduktion ist zulässig

Für solche unvorhersehbaren und wenig planbaren Aufgabenstellungen (wie sie uns nahezu täglich begegnen) gibt es meiner Erfahrung nach auch Möglichkeiten. Diese liegen darin, einen Anfang zu machen und dann die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Dies kann in langfristig angelegten, iterativen Schleifen passieren. Oder in kurzfristigen Lernkurven. Das was dabei entsteht ist aktuelles und sehr konkretes Wissen und Erfahrung. Kein wissenschaftliches oder gar repräsentatives Abbild der Wirklichkeit, sondern kleinräumiges und kurzzeitiges Know-How in Bezug auf bestimmte abzugrenzende Themenstellungen. Du willst wissen, was Menschen in einer bestimmten Region bewegt? Dann mache eine Handvoll qualitativer Interviews oder besser noch: Besuch die Leute vor Ort und komme mit ihnen ins Gespräch oder lade sie ein und lass´ sie ihre eigenen Themen finden und präsentieren. Manchmal hilft auch eine andere Darstellung und Herangehensweise, um Komplexität in den Griff zu bekommen. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte und darum können Visualisierungstechniken dabei unterstützen, umfangreiche und komplexe Systeme und Herausforderungen abzubilden.

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