Darf es ein bisschen weniger sein? Die Verkürzung der Arbeitszeit ist in aller Munde und in vielen Köpfen. Sechs Stunden pro Tag oder gleich eine 4-Tage-Woche – über meinen eigenen Abwägungsprozess und die ersten positiven Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche nach sechs Monaten, habe ich bereits geschrieben. Und weil das Thema zwar in vielen Stellen diskutiert wird, sich aber noch lange keine allgemeine Lösung abzeichnet, bleibt es auch jedem selbst überlassen, die Entscheidung zu treffen und Schritte einzuleiten. Was ist dafür zu tun ist und welche Reaktionen zu erwarten sind, liest Du hier.
Erste Schritte unternehmen
Es lohnt sich, sich mit den konkreten Auswirkungen einer selbst initiierten Arbeitszeitreduzierung zu beschäftigen. Erst einmal und vor allen Dingen wohl mit den finanziellen Folgen. Je nach Einkommen, Steuerklasse und Einkommenssteuersatz, wirkt sich eine Reduzierung der Arbeitszeit recht unterschiedlich aus. Den finanziellen Einschnitt im Voraus zu berechnen ist gar nicht so einfach. Vielleicht hilft die Personalabteilung, oder man kann mit Kollegen, die bereits reduziert haben sprechen. Und so einen Eindruck gewinnen, was zum Beispiel eine 4-Tage-Woche finanziell bedeutet. Bei 20 Prozent weniger Arbeitszeit ist der Einschnitt vielleicht gar nicht auf 80 Prozent des Nettoeinkommens. Sondern es bleibt mehr übrig. Eine Orientierung, bietet der Online-Rechner der Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Weniger werden aber die Urlaubstage. Sie werden anteilig berechnet und man braucht nur vier Tage, um eine Woche Urlaub zu nehmen. Meist ändert sich also im Gesamtbild nicht viel. Und doch will all‘ das bedacht werden, bevor man den ersten Schritt tut.
Was sagt der Chef und das Team?
Ich bin erst nach reiflicher Überlegung und nach der Beschäftigung mit den Rahmenbedingungen in Gespräche gegangen. Klar, habe ich auch Kollegen nach Erfahrungen gefragt und zum Beispiel auch im Team vertrauensvoll vorgefühlt. Um aber Gerüchte zu vermeiden, war ich einerseits sehr zurückhaltend und andererseits habe ich dann – als ich fast sicher war – ganz offen mit direkten Vorgesetzten meine Pläne erörtert. Dabei hatte ich mit ähnlichen Gesprächen in der Vergangenheit in anderer Konstellation auch schon weniger gute Erfahrungen gemacht: ein regelmäßiger Homeofficetag zum Beispiel, der einiges einfacher und planbarer gemacht hätte, wurde mir einst verweigert. Nunja, die Zeiten ändern sich und ich bin froh, dass Vieles – auch die 4-Tage-Woche – in meinem Fall funktioniert. Das ist trotz „Recht auf Teilzeit“ sicher kein Selbstläufer.
Das Recht auf Teilzeit
Jeder Arbeitnehmer hat im Grunde Anspruch darauf, in Teilzeit zu arbeiten. In bestimmten Bereichen und vor allen Dingen in Abhängigkeit von der Betriebsgröße, gibt es aber Einschränkungen. Ich hatte schon berichtet, dass ich selbst quasi nur auf die Einführung der so genannten Brückenteilzeit gewartet habe: hier hat man nach dem vereinbarten Teilzeit-Zeitraum ein Rückkehrrecht zur vollen Arbeitszeit. Davor habe ich das lange für mich abgewogen: was bedeutet es, in einer immer schnelllebigeren Zeit Stunden zu reduzieren? In den vergangenen drei, vier oder fünf Jahren, hat sich viel in meinem Job, meiner Branche und dem Unternehmen geändert. Man kann und sollte sich im Grunde auf nichts verlassen. Und ich glaube, dies sollte man unbedingt berücksichtigen: natürlich kann es sein, dass die Teilzeit unter irgendwelchen Umständen zum Nachteil wird. Aus meiner jetzt gewählten unbegrenzten Teilzeit, komme ich vielleicht nicht wieder auf eine Vollzeitstelle.
Gut überlegen bevor man handelt
Vielleicht habe ich auch deswegen so lange gewartet und zwar bis ich die Auswirkungen besser abschätzen und mit etwaigen negativen Entwicklungen besser umgehen konnte. Andererseits gibt es nie einen guten oder besseren Zeitpunkt. Das habe ich schon bei meinen einmonatigen Arbeitspausen gemerkt. Natürlich kann einem das jemand krum nehmen. Oder das Angebot ist zwar da, aber die Akzeptanz bei Führungskräften oder Belegschaft, sprich: Kollegen, eben nicht. Dann kann es schnell sehr ungemütlich werden.
Am Ende ist dann heute doch noch jeder selbst dafür verantwortlich, sich zu kümmern, die Folgen abzuschätzen und für sich abzuwägen. Das macht eine 4-Tage-Woche heute noch so besonders und hoffentlich ist das in einiger Zeit völlig normal, einfach realisierbar und vor allen Dingen akzeptiert.