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Langsam aber sicher, komme ich in New York an. In den ersten Tagen gab es einige – sagen wir: Besonderheiten, aber jetzt bin ich da, wo ich (gefühlt) hingehöre. Das Rad ist auch aufgebaut und ich bin schon einige Kilometer durch Brooklyn geradelt. Und was soll ich sagen? Es fühlt sich alles richtig und gut an. Hatte mich zwischenzeitlich schon gefragt, ob ich mit meinem Versuch hier etwas in Sachen Radverkehr und -infrastruktur zu recherchieren, vielleicht scheitern würde. What if…there is no story to tell? Mittlerweile glaube ich aber, ich bin auf der richtigen Fährte. Es hängt wohl auch stark vom Stadtteil ab, was sich in Sachen Radverkehr tut. Aber gerade in den letzten fünf Jahren ist dem Vernehmen nach eine deutliche Veränderung eingetreten.
Anlaufschwierigkeiten
Eigentlich lief alles glatt: ich war Mittwoch morgens um vier in Hamburg aufgestanden, hatte den Flieger erwischt, bin in London umgestiegen und am frühen Nachmittag Ortszeit in NYC angekommen. Dann ging jedoch alles schief: der Koffer mit dem Rad war im falschen Flieger und sollte nachgeliefert werden. Ich hatte kein Bargeld für ein Taxi und zu guter Letzt: das Hotel, dass ich über booking.com gebucht hatte, gab es gar nicht! In der Schaefer Street war an der angegebenen Adresse ein Privathaus. Und hier wusste auch keiner etwas von einem Hotel, meine Anrufe liefen ins Leere. Und so stand ich ohne Unterkunft nach fast zwanzig Stunden auf den Beinen in Bushwick, als mir bewusst wurde, dass mein Rad zu eben diesem Hotel geliefert werden sollte. Zu dem Hotel, das es nicht gibt.
Bushwick im Stundenhotel
Ich war ziemlich aufgeschmissen. Hier in der Gegend war auch kein Taxi zu kriegen, Internet Fehlanzeige und die Straßen sahen alle gleich aus. Hätte Stunden umherirren können, wenn ich nicht freundliche Unterstützung in einem Tappas-Laden bekommen hätten. Das Motel zwei Blocks weiter, das mir dort ans Herz gelegt wurde, entpuppte sich später als eine Art Absteige. Locals, mit denen ich zwei Tage später an der Bar saß, fielen fast vom sprichwörtlichen Hocker als ich erzählte, wo ich untergekommen war. Na ja, auf jeden Fall ist in Bushwik ordentlich was los. Vor allen Dingen Freitagabend in einem „Stundenhotel“. Nein, ich mag den Ort wirklich und finde es spannend, dass man ihm seine wechselvolle Geschichte im Stadtbild ansehen kann. Der nahe gelegene Friedhof – die Brooklyn Hills – sind ein willkommenes Naherholungsgebiet. Und neben Künstlern, die schon seit einigen Jahrzehnten im Ort zu finden sind, siedeln sich auch mehr und mehr „Young Professionels“ an. Häuser werden jetzt saniert, ganze Blöcke neu gebaut – wobei vielerorts die Bebauung noch aus der Gründerzeit stammt. Und an eine Art Westernstadt erinnert. Radfahrer findet man hier aber nur wenige. Motorräder und fette Autos beherrschen das Bild in Bushwick.
Downton Brooklyn, Prospect Park…
…und das szenige Viertel „Redhook“ sind die eigentlichen Hochburgen des aufkeimenden Fahrradbooms. Zumindest ergibt sich das aus Gesprächen und den ersten Touren durch die Stadt. Ich bin jetzt am Eastriver nahe des Navyport untergekommen, habe das Rad aufgebaut und bin schon ein paar Mal los geradelt und habe auch Polo gespielt. Die Unterkunft liegt ideal zu den drei Spielstätten der Stadt – alle sind in weniger als 15 Minuten zu erreichen. In den wenigen Tagen, in denen ich jetzt hier bin, war ich in nicht weniger als zehn Fahrradläden und habe mit Angestellten und Besitzern gesprochen. Über gebrauchte Bikes und Deutsche, die über den Sommer herkommen. Und sich eher ein altes Schwinn-Bike kaufen, als ein Rad zu leihen. Aber auch über den Stellenwert des Fahrrades in New York und die Entwicklung der letzten Jahre. Und die Einschätzung ist: es tut sich was. Vor allen Dingen in den letzten vier, fünf Jahren. Es hängt aber auch vom Stadtteil ab. Dort, wo junge Familien und gut ausgebildete Leute hinziehen, scheint auch das Fahrrad eine feste Rolle zu übernehmen. Man sieht es dann auch in der Infrastruktur und an zahlreichen Radlern im Straßenbild.
Ein erster Eindruck
Vor mehr als 20 Jahren wollte ich schon eine Tageszeitungs-Leserreise mitmachen, in einem Loft wohnen und geführte Radtouren durch NYC mitmachen (es gab wirklich so ein Angebot). Das Leben kam mir dazwischen und doch bin ich jetzt hier. Die Stadt ist gar nicht so fürchterlich groß: mit dem Bike ist man sehr schnell unterwegs. Und ähnlich wie in Berlin und anderswo setzt sich New York für mich auf einmal ganz anders zusammen. Weil ich nicht von Subwaystation zu Subwaystation denken muss, mich der Boden jeweils verschluckt und ganz woanders wieder ausspuckt. Die Infrastruktur ist noch nicht durchgängig, aber das Bemühen ist erkennbar. Das heißt nicht, dass da nicht ein, zwei Autos auf dem Fahrradstreifen stehen, wenn man durch die Stadt cruised. Und ich verstehe auch nicht, warum man in einer Wohnstraße linker Hand auf der Straße den Fahrradstreifen führt. Vor abbiegenden Autos muss man sich hier wie anderswo hüten. Dennoch: ich bin nicht ein Mal angehupt worden bislang. Und es gibt viele gut durchdachte, sehr sichere Abschnitte exklusiv für Radler, mitten im dichten Getümmel von Downtown Brooklyn.
English version:
Slowly but surely, I arrive in New York. In the first few days there were a few – let’s say – peculiarities, but now I am where I belong (felt). The bike is also set up and I’ve been cycling through Brooklyn for a few miles. And what should I say? Everything feels right and good. In the meantime, I had already wondered if my attempt to research something about bicycle traffic and infrastructure would fail. What if … there is no story to tell? Meanwhile, I think I’m on the right track. It also depends heavily on the district, which does in terms of cycling. But just in the last five years, according to reports, a significant change has occurred.
Some difficulties
Actually, everything went smoothly: I had gotten up at four in the morning of Wednesday morning in Hamburg, had caught the plane, switched to London and arrived in NYC in the early afternoon. But then everything went wrong: the suitcase with the bike was in the wrong plane and should be re-delivered. I had no cash for a taxi and, last but not least: the hotel I booked through booking.com did not exist! In Schaefer Street there was a private house at the given address. And nobody here knew anything about a hotel, my calls went nowhere. And so, after nearly twenty hours on my feet, I was without shelter in Bushwick when I realized that my bike was to be delivered to this stay. To the hotel, which does not exist.
No refund after 15 Minutes
I was quite lost. There was no taxi to be found in the area, got not internet acccess and the streets all looked the same. Could have walked for hours if I had not received friendly support in a Tappas store. The motel two blocks away, which I was heartily placed there, later turned out to be a sort of flophouse. Locals I sat with at the bar two days later almost fell off the stool when I told them where I was staying. Well, in any case, there is a lot going on in Bushwik. Especially Friday night in some kind of „love hotel“. No, I really like the place and I find it exciting that you can watch its eventful history in the cityscape. The nearby cemetery – the Brooklyn Hills – is a welcome recreational area. And in addition to artists who have been in the village for several decades, more and more „young professionals“ are also settling down. Houses are now being renovated, entire blocks are being rebuilt – although in many places the development dates back to the old times. And reminiscent of a kind of western town. Cyclists can be found here but only a few. Motorcycles and fat cars dominate the picture in Bushwick.
Downtown Brooklyn, Prospect Park
… and the trendy neighborhood „Redhook“ are the real strongholds of the upcoming bicycle boom. At least that’s the result of talks and the first tours of the city. I am now at the Eastriver near the Navyport, have built the bike and have already cycled a few times and have also played polo. The property is ideally located to the city’s three venues – all less than 15 minutes away. In the few days I’ve been here, I’ve been to no less than ten bike shops talking to employees and owners. About used bikes and Germans coming over for the summer. And buy an old Schwinn bike rather than borrow a bicycle. But also on the importance of the bike in New York and the development of recent years. And the assessment is: something is happening. Especially in the last four or five years. It also depends on the district. Wherever young families and well-educated people move on, the bicycle seems to play a major role as well. You can see it in the infrastructure and on numerous cyclists in the streetscape.
First impressions
More than 20 years ago, I already wanted to join a „daily newspaper reading trip“ (is there something like that in US or is it special Europe kind of thing), live in a loft and join guided bike tours through NYC (there really was such an offer). Life intervened and yet I am here now. The city is not so terribly big: with the bike you are traveling very fast. And just like in Berlin and elsewhere, New York suddenly comes together quite differently for me. Because I do not have to think from subway station to subway station, the ground swallows me and spits it out somewhere else. The infrastructure is not yet consistent, but the effort is recognizable. That does not mean that there are not one or two cars on the bicycle lane when cruising through the city. And I also do not understand why one leads in a residential street left hand on the road the bicycle lane. Before turning cars you have to guard here as elsewhere. Still, I have not been horned once. And there are many well thought out, very safe sections for cyclists, right in the middle of the bustle of Downtown Brooklyn.