Das Rad-Café in Varel ist gut angelaufen und sehr gut angenommen worden. Über 400 Besucherinnen und Besucher waren schon da, rund ein Dutzend Veranstaltungen haben statt gefunden – vom Figurentheater für Menschen ab drei Jahren, bis hin zu Workshops und Ausstellungen, die unterschiedlichste und vielfältige Zielgruppen anziehen. Es zeigt sich: so eine Pop-Up-Event-Location ist erklärungsbedürftig, die Kommunikation der Termine und die Kurzfristigkeit sind Herausforderungen. Und zwar wohl nicht nur in einer Kleinstadt. Gleichzeitig kommt das Angebot bei den Menschen an. Und die Idee eines ungewöhnlichen Begegnungsortes, wird von vielen auf Anhieb verstanden und für gut befunden. Zeit eine Art Zwischenbilanz zur Halbzeit nach etwa vier Wochen zu ziehen.
Rad-Café in der Kleinstadt
„So etwas kennt man ja sonst nur aus der Großstadt.“ So oder so ähnlich, reagieren viele Menschen auf das Rad-Café mitten in der Vareler Innenstadt. 25.000 Menschen leben hier in der ländlichen Kleinstadt im südlichen Friesland. Und viele sind begeistert, dass sich etwas tut. Dass das Rad-Café zum Mitmachen einlädt und Ort für Begegnung ist. Manche kommen spontan und gehen erst nach Stunden. Natürlich klappt nicht alles auf Anhieb. Und die Interessierten verstehen auch das. Das Pop-up eben auch bedeutet, dass nicht alles sofort und in vollem Umfang funktioniert.
Die richtige Kommunikation der kurzfristig anberaumten Termine ist ein dauerhaftes Thema. Sie sind zwar im Internet und schon früh in der lokalen Presse verfügbar. Weil das ganze Vorhaben aber erst bekannt werden muss und die Menschen sehr unterschiedliche Informationskanäle nutzen, prallen Erwartungshaltungen und Lieferfähigkeit ein ums andere Mal aufeinander. Die Diskussionen darüber und auch über die erklärungsbedürftigen Zusammenhänge, reißen nicht so richtig ab. Geduld auf allen Seiten ist gefragt. Manchen stellt das vor Herausforderungen. Eine großformatige Erläuterungsschrift am Eingang hilft irgendwann sehr. Viel wichtiger erscheint mir aber die Erkenntnis, dass die Einstiegshürden gering zu sein scheinen. Kaum jemand hat Scheu, das Rad-Café zu betreten und die damit verbundene Einladung anzunehmen.
Breite Öffentlichkeit
Eine große Rolle spielt hier vor Ort nach wie vor die Presse. Die nicht nur die Termine gut kommuniziert, sondern auch das Thema und die Hintergründe sachlich richtig und ansprechend aufbereitet. Und zwar bis hin zur Bildsprache, so dass sich Viele abgeholt fühlen und entsprechend gerüstet in den Dialog treten. Diese Art der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt eine breit angelegte Ansprache mit aktuellen Infos auf den sozialen Plattformen. Passend dazu, rauscht auch noch die Nominierung für die Goldenen Blogger in den Aktionszeitraum. Und der Bericht über mein „Online-Tagebuch“ erhöht die Aufmerksamkeit zusätzlich. Radiosender und sogar das Fernsehen werden aufmerksam. Dazu an geeigneter Stelle und Zeit mehr.
Öffentlichkeit bedeutet im Zusammenhang mit dem Rad-Café-Projekt aber vor allen Dingen auch Sichtbarkeit an Ort und Stelle. Nicht nur anlässlich der Öffnungszeiten und zu Veranstaltungen, macht das Rad-Café was her. Im Zentrum einer Kleinstadt ist entgegen der langläufigen Meinung fast zu jeder Zeit etwas los. Und genau genommen wäre es sinnvoll und wünschenswert, die ganze Zeit über vor Ort und ansprechbar zu sein. Aus diesem Grund, arbeite ich jeweils dienstags vom Rad-Café aus in meinem Hauptberuf. In der dritten Woche gesellen sich die ersten Co-Worker:innen dazu. So dass mit den regelmäßigen Öffnungszeiten von Freitag bis Sonntag im Grunde insgesamt die halbe Woche Programm ist. Ich muss nicht erwähnen, dass dadurch meine frei verfügbare Zeit auf ein Minimum geschrumpft ist.
Eine Art Kleingewerbe
Schon früh wird klar, dass meine etwas naive und romantische Vorstellung vom Rad-Café, der Erkenntnis weichen muss, dass das eine Art Kleingewerbe ist. Auch und vor allen Dingen wegen des Pop-Up-Charakters bin ich fast rund um die Uhr mit Arbeit und der Organisation rund ums Rad-Café beschäftigt. Eigentlich ist immer etwas zu tun und weil es mir Spaß macht und das Ende absehbar ist, fällt das kaum ins Gewicht.
Es zeigt sich auch, dass die Veranstaltungen und Planungen einen gewissen Vorlauf brauchen. In dieser engen Taktung – eigentlich ist zu den Öffnungszeiten immer auch eine Veranstaltung – hält man das nicht auf Dauer durch. Drei oder mehr Monate sollten es vielleicht schon an Vorlauf sein. Hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, dass wir den April „füllen“ könnten, stellt sich jetzt heraus: der Vorlauf von Februar (nach dem Start des Projekt) bis dahin erscheint einfach zu kurz. Wahrscheinlich ist es sinnvoll, dauerhaft zum Beispiel ein Café zu betreiben und die Veranstaltungen mit dem entsprechenden Vorlauf und mit zeitlichem Abstand untereinander einzuplanen.
Rad-Café Prototyp
Als Pop-Up-Location über dann rund zwei Monate, ist das Rad-Café ein toller Experimentierraum. Neben der kurzzeitigen Umsetzung des persönlichen Traumes, geht bei mir eine zusätzliche Beobachtungsebene auf: dieser Ort ist in hervorragender Art und Weise für Beteiligung und Partizipation geeignet. Er lockt regelrecht Menschen unterschiedlicher Herkunft und mit diversen Hintergründen an, die mit geringen Einstiegshürden das Angebot nutzen können. Oder gleich Teil der Begegnungsstätte werden, indem sie selbst Musik oder Theater anbieten, an Workshops und Exkursionen teilnehmen oder auch Kaffee oder Film- und Kulturangebot konsumieren. In den kommenden Wochen steht ein weiter verdichtetes Programm an. Auch mit eben solchen Veranstaltungen, die etwas mehr Vorlaufzeit brauchten. Ein Gravelwochenende parallel zu einem Filmfest. Verkaufswochen einer kleinen Fahrradschmiede. Workshops und neu: Netzwerktreffen verschiedener Akteure auch an den Wochentagen. Das wird eine spannende zweite Halbzeit. Schaut doch einmal vorbei.
Alle Infos und Termine unter https://frankys-radcafe.de