Pläne machen für das neue Jahr ist spätestens seit dem Corona-Jahr 2020 irgendwie zu einem Treppenwitz verkommen. Ich kann eine lange Liste machen von den Dingen, die im letzten Jahr ins Wasser gefallen sind – so wie fast jeder von uns. Und trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) war 2020 ein spannendes, lehrreiches und sehr abwechslungsreiches Jahr. Ich schaue gerne darauf zurück und doch fällt es mir gerade jetzt schwer in die Zukunft zu schauen – in die kommenden, von vielen Unwägbarkeiten geprägten Monate. Ich glaube das nächste halbe Jahr wird uns nochmals herausfordern. Jeder muss für sich schauen, wie er damit umgeht. Ich merke, dass ich persönlich dabei von einer eher unschönen Erfahrung profitiere.
Depression lehrt durchhalten
Vor genau zehn Jahren, im Jahre 2011 bin ich Anfang Januar in unser Kleinstadt-Krankenhaus getapert. Ich hatte Herzbeschwerden, war mit dem Fahrrad quasi zur Notaufnahme gefahren und wollte schon wieder gehen, als ich hörte, dass der Notdienst erst am kommenden Tag wieder da sein würde. Ich hätte vielleicht nicht sagen sollen, warum ich dort war. Das muss doch ziemlich skurril gewesen sein, dass ich trotz Beschwerden mit dem Rad kam und auch wieder fahren wollte. Und so behielt man mich da. Ironischerweise war mit dem Herzen alles in Ordnung. Die Beschwerden und auch die Schieflage in der Wahrnehmung, hatten eine andere Ursache: wenige Wochen später zeigten sich massive Auswirkungen einer Depression.
In den kommenden Monaten lernte ich, zunächst von Woche zu Woche „zu planen“ bzw. zu denken, bald notgedrungen auch von Tag zu Tag und irgendwann wurde es so schlimm, dass ich nur noch Stunden oder wenige Minuten nach vorne blicken konnte. Da gab es auch Panikattacken, vor allen Dingen aber unausweichliche Gefühlsdimensionen, die einfach nicht viel mehr zuließen. Ich bin froh, dass ich zu Zeiten der Pandemie gesund und geheilt bin. Und habe erst jetzt realisiert, dass mir die erlernten Methoden heute helfen mit der Situation besser umzugehen.
Arbeit in Bewegung: ich stehe lieber, als das ich sitze und arbeite gerne mit Menschen und profitiere von meiner Kontakfreudigkeit. Nichts, was man derzeit gut ausleben kann.
Resillienz: lange Zeit unvorstellbar
Bei dem Gedanken an die kommenden Wochen und Monate, kommen bei mir im Moment wenig Glücksgefühle auf. Ich bin jemand, der gerne Dinge bewegt und buchstäblich – auch beruflich – in Bewegung ist. Was wird die kommende Zeit mit sich bringen? Unabhängig davon, dass es weder langfristige Prognosen noch Leitlinien gibt: die Pandemie wird – vielleicht auch mit der neuen Variante – unsere Leben und Handeln massiv beeinflussen. Im kleinen, in den Teams in denen wir arbeiten und wo private und berufliche Aufgaben koordiniert werden müssen, ebenso wie im Großen: keine Präsenz-Veranstaltungen und viele Ideen und Initiativen werden von dem einen großen Thema überschattet. Im Moment richten sich meine konkreteren Pläne daher eher an der zweiten Jahreshälfte aus. Aber was ist bis dahin?
Es ist wie ein Spiel oder eine kniffelige Aufgabe: wie lange und gut, kannst Du etwas aushalten? Weithin bekannt ist mittlerweile vielleicht der so genannte „Marshmellow-Test“, der auch mit Überraschungseiern werbewirksam inszeniert wurde. Bei dem es darum geht, die Schokolade (den Marshmellow) nicht sofort zu verspeisen, sondern geduldig auf die versprochene weitere Portion zu warten.
Ich verfüge von Natur aus über ein großes Durchhaltevermögen. Vielleicht etwas, dass mich am Ende auch durch die Erkrankung und zur Heilung geführt hat. So etwas wie Resillienz, also die tatsächliche psychische Widerstandskraft gegen äußere Einflüsse, hat sich erst mit der Heilung eingestellt.
2021 Pläne machen zum Verwerfen
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Ich mache also Pläne, weil ich gerne in die Zukunft schaue. Ich habe deutlich Wind unter den Flügeln, was mein Buchprojekt angeht und daran werde ich verstärkt weiter arbeiten. Aber ohne Zeitplan oder Druck. Unser Bikepoloturnier wird sicher nicht im März stattfinden können und ist dann ebenso wie das Barcamp in Dangast, in der zweiten Jahreshälfte geplant. Wir wollen gemeinsam das Lastenradthema voran bringen – bereits im Januar gibt es ein weiteres Webinar. Hauptberuflich werde ich mich tatsächlich daran gewöhnen, von Woche zu Woche und von Monat zu Monat zu planen. Das ist in einem agilen Arbeitsumfeld nicht so super ungewöhnlich. Es ist eher so, dass mir das nach wie vor schwer fällt. Also etwas, dem ich mich stellen kann und wo es etwas zu lernen gibt. Über mich selbst und über die Art und Weise wie man 2021 digital und zu Zeiten einer Pandemie zusammen arbeitet und Dinge voran bringt.
Da ist noch „Luft nach oben“ bei dem Versuch analoge und digitale Zusammenarbeit und Formate zusammen zu bringen.