Nicht ganz ernst gemeinte Überschrift, sondern der Versuch das Thema 4-Tage-Woche von der anderen Seite aufzunehmen. Nachdem ich einen Beitrag zu meiner persönlichen Entscheidung und ersten Erfahrungen mit dem Arbeitszeitmodell veröffentlicht hatte, habe ich mich über die zahlreichen Leser, das Interesse und die vielfältigen Kommentare gewundert. Das Thema 4-Tage-Woche scheint einen Nerv zu treffen. Aber warum machen das dann nicht viel mehr Menschen? Warum habe ich selbst so lange damit gewartet, was hat mich gehindert?
Chef: 4 Gründe dagegen? Hunderte…
Erst einmal und vor allen Dingen: nicht jeder kann und nicht in jedem Beruf ist eine 4-Tage-Woche möglich und sinnvoll. Und obwohl ich im Wesentlichen am PC arbeite und nicht in der Pflege oder als Feuerwehrmann, gab es über Jahre für mich die Option Teilzeit nur in sehr eng gestecktem Rahmen. Mir erschien das als eine Art „Karrierekiller“. Vor allen Dingen aber schien es keinen Weg zurück zu geben, falls eine Vollzeitbeschäftigung wieder erforderlich würde. Das hat sich mit dem Rückkehrrecht im Rahmen der so genannten Brückenteilzeit oder neuen Arbeitszeit und -modellen (ortsunabhängiges und flexibles Arbeiten) bei mir nachhaltig geändert und am Ende habe ich dann nur noch auf das Inkrafttreten der Brückenteilzeit gewartet. Nur, um dann doch unbefristet in eine 4-Tage-Woche zu gehen. Warum? Weil man die Brückenteilzeit vorher fest legen muss – ich glaube zwischen 12 Monaten und einigen Jahren – und danach erst mit einem Puffer von 12 plus 3 Monaten wieder in Teilzeit gehen kann. Und meine Befürchtung war, dass mir das Modell so gut gefällt, dass ich absehbar nicht auf Vollzeit zurück gehen wollen würde.
Finde ich überhaupt 4 Gründe dafür?
Und ehrlich gesagt, musste ich mich selbst erst einmal von den Vorteilen der 4-Tage-Woche überzeugen. Ich hatte in meinem Erwachsenenleben schon Zeiten mit viel oder ausreichend Geld und auch solche mit ganz wenig. Meist aber Verantwortung und Verpflichtungen – vor allen Dingen für Haus, Unterhalt und Kinder. Finanzielle Sicherheit, auch durch einem Vollzeitjob, war lange Jahre gar nicht so einfach zu erreichen und ein ganz nüchtern erforderliches Ziel. Weniger zu arbeiten, damit auf Einkommen zu verzichten oder die „gewonnene“ Zeit nicht zum Geld verdienen zu nutzen, erschien mir nahezu grotesk. Ein Luxus, den ich mir im wahrsten Sinne des Wortes nicht leisten wollte.
Insofern fand ich in den Jahren bis heute, keine ausreichenden Gründen die für eine 4-Tage-Woche sprachen. Klar, hätte ich gerne mehr Zeit für die Familie, für mich, Freizeit und Freunde gehabt. Doch ohne Erfahrungen und ohne die Möglichkeit, dies einmal auszuprobieren, blieb das ein frommer Wunsch. Das führt mich zum dritten Punkt.
4-Tage-Woche kann man nicht ausprobieren
Ob und in welchem Umfang eine 4-Tage-Woche funktioniert – für Dich persönlich und in Deinem Betrieb – kannst Du nur heraus finden, wenn Du es ausprobierst. Und das ist genau genommen gar nicht so einfach. Klar, man könnte Urlaubstage so legen, dass man regelmäßig einen Tag die Woche frei hat. Aber welches Team, welcher Chef macht das so einfach mit? Wie lange soll man so etwas machen, um zu wissen ob es funktioniert? Und vor allen Dingen: wie passt das zum Erholungsbedarf, dem Jahresurlaub (der ja dann zusammen schmilzt) und so weiter. Für mich war das keine Option. Ich habe mich – damals noch mit ganz unfertigen Ideen zur Arbeitszeitreduzierung – für kurze Auszeiten entschieden. Auch diese Möglichkeit des unbezahlten Urlaubs, gab es bei uns im Betrieb noch nicht lange. Ein Monat war die kürzest mögliche Zeit und die habe ich genutzt. So konnte ich sehen, wie es ist mehr Zeit, aber weniger Geld zu haben. Und vor allen Dingen hatte ich danach einen Hinweis darauf, wie ich mit dieser Zeit umgehen würde.
Kann ich mit der Zeit etwas anfangen?
Eines war mir klar: ich würde mich tierisch ärgern, wenn das was ich mir von der 4-Tage-Woche verspreche, nicht eintritt. Mehr Zeit, weniger Einkommen und dann Langeweile oder Wäsche bügeln, kam für mich nicht in Frage. Entscheidend war also die Frage: kann ich mit der zusätzlich zur Verfügung stehenden Zeit überhaupt etwas anfangen? Mache ich etwas daraus, spüre ich Entspannung oder geht es weiter wie bisher nur eben mit einem Tag weniger Arbeit in der Woche.
Versteht mich nicht falsch: mir ging es nicht darum die Zeit nur und ausschließlich super produktiv einzusetzen, mich fort zu bilden oder Projekte zu starten. Aber eben auch in diese Richtung etwas zu tun, vielleicht ehrenamtlich oder sonstwie engagiert und vor allen Dingen entspannt, aber nicht vertrödelte Zeit. Und ich muss sagen: es hat sich gelohnt. Es hat sich gelohnt zu warten, es zu überdenken und vor allen Dingen es jetzt auszuprobieren. Wie ist es bei Dir? Trägst Du Dich mit dem Gedanken, weniger zu arbeiten? Oder hast Du schon Schritte unternommen? Wie geht es Dir damit?
Mittlerweile, hat das Thema eine Fortsetzungen gefunden, mit etwas konkreteren Ausführungen auf der persönlichen Handlungsebene.