Als ich vor mehr als zehn Jahren in einer Telekommunikations-Schulung saß, fragte ich mich: „Wem zum Teufel sollte ich wohl ein Bild schicken wollen?“ Damals hieß das noch MMS (habe ich tatsächlich fast nie genutzt), Karten und Luftbilder im Internet waren fast undenkbar (bis Google es irgendwie einfach machte) und manch ein Bürgermeister ließ sich seine E-Mails noch ausdrucken.
Wenn ich heute so darüber nachdenke, muss ich fast lachen. Eben ist mir bewusst geworden, wie viele unterschiedliche Messenger ich tagtäglich nutze. Nicht weil ich mich nicht für einen Kanal entscheiden könnte, sondern weil sie alle sinnvoll und nützlich sind. Schon heute gehören Messenger-Apps zu den beliebtesten Downloads und wenn man den Trendforschern traut, werden solche Anwendungen in Zukunft Dreh- und Angelpunkt im digitalen Kontext sein. Für mich ist klar: die digitale Konnektivität hat in meinem Fall zur Intensivierung von Kontakten geführt und die Welt ist ein ganzes Stückchen kleiner geworden.
Vielfalt und Einfalt
Ich habe zwei private E-Mail Accounts, einen dienstlichen. Ich nutze Facebook-Messenger, Whatsapp, Slack (auf bislang zwei unterschiedlichen Kanälen) und natürlich SMS. Und Postkarten. Nein im Ernst: sowohl E-Mail als auch SMS haben sich für mich nahezu überholt. Die Kommunikation über diese Kanäle ist oft zu eindimensional (eins zu eins bzw. eins zu „n“). Sie sind wie Postkarten – wie aus einer anderen Zeit.
Multichannel-Messenger-Dienste bieten demgegenüber eine Reihe von Vorteilen in der Kommunikation. Sie tragen zu einer besseren Vernetzung bei und erleichtern die Koordination. Das bilde ich mir ein? Nein, ich glaube nicht. Ich selbst habe im Verlaufe des Jahres eine Reihe von Interviews geführt und in diesem Zusammenhang die Frage gestellt, inwiefern Whatsapp, Facebook und Co. zur Kommunikation genutzt werden. Die Antworten haben mich teilweise erstaunt. Sie reichten von „Nein Herr Glanert, ohne Whatsapp geht´s gar nicht mehr…“ über „…wir haben da eine Familiengruppe über die wir uns alle abstimmen.“ bis hin zu „Ja, ich habe das Gefühl, wir sind uns alle jetzt näher als vorher.“
Business
Häufig genug geht es im geschäftlichen Nachrichtenaustausch weniger um Persönliches. Zumeist gehen wir davon aus, dass in der geschäftlichen Kommunikation Sachthemen und -informationen im Vordergrund stehen. Für diese Art von Austausch scheint E-Mail ein probater Kanal zu sein, obwohl auch sehr sachlich-technisch orientierte Menschen die Grenzen von E-Mails anerkennen: von E-Mail-Flut ist da die Rede und manch einer liest keine Nachrichten in die er nur „CC“ gesetzt wurde.
Ich behaupte: es geht bei der geschäftlichen Kommunikation häufig um weit mehr als nur um Sachthemen. Geschäfte werden bekanntlich zwischen Menschen gemacht und aus dem angelsächsischen Raum lernen wir: vor allen Dingen über Branchengrenzen hinweg werden häufig Innovationen und neue Ideen entwickelt. Das geht meines Erachtens nur, wenn man persönliche Schnittmengen mit seinem Gegenüber sucht. Soweit einverstanden?
Zwischentöne
Das was Whatsapp im Privaten erlaubt, bietet zum Beispiel Slack im Business-Umfeld: die Kommunikation wird direkter und unmittelbarer. Ich kann schnell und unkompliziert mit einer zwei oder einer Vielzahl von Menschen „chatten“ ich kann Gruppen anlegen, diesen beitreten oder sie wieder verlassen. Das alles entspricht unserer natürlichen, menschlichen Art und Weise zu kommunizieren. Und weil das so ist, rücken wir alle enger zusammen. Vor allen Dingen räumlich. Weil die natürliche Begrenzung unseres Austauschs einerseits die Zeit, andererseits aber vor allen Dingen der Raum ist. Warum verbessert sich durch Whatsapp die Abstimmung in der Familie? Weil es viel leichter ist, räumliche und zeitliche Grenzen zu überwinden und so viel unkomplizierter in Kontakt zu bleiben. Das brauche ich nicht im geschäftlichen Umgang? Doch, genau das braucht es. Nähe macht uns alle menschlicher. Nähe schafft Vertrauen. Und Vertrauen ist die Grundlage von allem.
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