Ich habe es probiert: es geht nicht. Als vor einigen Monaten klar war, dass ich beruflich stärker als zuvor auch in den sozialen Netzwerken sichtbar sein würde, habe ich für mich ein „solides“ Facebookprofil angelegt. Mein bisheriger „Auftritt“ im Social Network war rund um meine persönlichen Interessen gewachsen. Nach anfänglicher Zurückhaltung, habe ich mehr und mehr Mut gefasst und mittlerweile entspricht das Profil durchaus mir und meinem Wesen. Aber ist das für´s Business geeignet? Und mit wem vernetze ich mich wohl, wenn ich mich mit vollem Vor- und Zunamen anmelde, meine Schule, Ausbildung, Arbeitsstelle usw. angebe – all das hatte ich nämlich auf meinem „wilden“ Profil für mich behalten. Das Experiment ist beendet. Ich bin nicht zwei Personen. Nicht im Netz und nicht im wahren Leben.
Frank ist franky – franky ist Frank
Es ist nicht so, dass ich mich für mich schäme, oder schämen müsste. Ich habe es in den vergangenen Jahren jedoch gerne so gehalten, dass ich Privates und Dienstliches voneinander getrennt habe. Im Verlaufe meiner beruflichen Laufbahn hatte ich in den vergangenen Jahren durchaus repräsentative Aufgaben. Ich habe es schließlich sogar bis zum Geschäftsführer eines Regionalverbundes gebracht und stand als solcher auch in der Öffentlichkeit. Bitte nicht falsch verstehen: ich bilde mir darauf nichts ein. Wer mich kennt, weiß das. Und im Privaten bin ich daher auch durchaus unangepasst unterwegs – eine gewisse Trennung machte daher aus meiner Sicht Sinn.
Als ich Ende letzten Jahres in ein neues Projekt gekommen bin, das erkennbar stark im Netz unterwegs sein würde, stellte sich für mich die Frage, wie ich damit umgehe. Ich hatte schon lange vorher einen ganz „ehrlichen“ Facebook-Account angelegt. Mit Vor- und Zunamen, Geburtsdatum, Schule, Ausbildung usw. Ich hatte ihn nie genutzt, aber jetzt begann ich diesen Account zu befüllen. Ein guter „Neustart“ dachte ich, als ich als ich die ersten Projektpartner und Kollegen hinzu fügte. Finde ich andere Freunde? Werde ich andere Informationen erhalten? Wie wird sich mein „reales, tatsächliches“ soziales Online-Profil entwickeln und vernetzen.
Werde Dein eigener Freund
Das war am Anfang durchaus interessant und spannend. Hatte ich doch auf meinem „freakigen“ Account weltweit Freunde und bekam jetzt Vorschläge aus dem Kollegenkreis und nahen Umfeld, die ich vielleicht bisher nicht hinzugefügt hatte. Auch dienstliche Infos, Berichte und Interests fanden bislang so bei mir nicht statt. Auch probierte ich, viel offensiver Bilder von mir selbst zu teilen, als ich das bislang getan hatte. Und ich bekam durchaus ungewohnte positive Resonanz. Es war nicht immer einfach, in „zwei Profilen zu denken“. Aber zunächst empfand ich das als gut, interessant und herausfordernd.
Nicht erst, als ich mir selbst als Freund vorgeschlagen wurde („Personen die Du vielleicht kennst: Frank Glanert“) kamen mir erste Zweifel, ob ich das dauerhaft durchhalten könnte. Und vor allen Dingen wollte. Es hat auch damit zu tun, dass ich in den vergangenen Monaten viel über soziale Netzwerke gelernt habe. Ich hatte zwar im Laufe der Jahre eine Idee bekommen, wie ich Facebook und Co. nutzen wollte, aber welche Möglichkeiten sich ergeben, habe ich nur ansatzweise abschätzen können. Möglichkeiten, die darauf basieren, dass man authentisch und persönlich an diesem Netzwerk teilnimmt. Natürlich muss man sich dafür öffnen und bereit sein aus der Anonymität ein Stück weit heraus zu treten. Und damit meine ich nicht die Fülle der „korrekten“ persönlichen Angaben. Es ist mehr als das: einen Einblick zu geben, wer man ist. Und insofern war mein ursprüngliches Profil sogar offener und authentischer als das neue. Das ich dann immer weniger gepflegt habe.
Zeit für einen Umzug Freunde
Ich glaube, dass es richtig ist das Experiment zu beenden. Ich werde jetzt „mein eigener Freund“ und meine das durchaus pathetisch: egal was war, es geht für mich in Zukunft darum, Berufliches und Privates viel weniger strikt zu trennen. Merke auch im Projekt und an der Art zu arbeiten, dass ich nicht dauerhaft eine Trennung vornehmen kann. Wenn das bedeutet, dass ich für bestimmte repräsentative Jobs nicht distanziert und distinguiert genug bin, dann ist das so. Und wenn es andersherum so ist, dass meine verrückten Seiten auch im Job bekannt sind, halte ich das nicht mehr für schädlich. Das letzte halbe Jahr und auch das Experiment mit dem zweiten Profil haben mich nicht nur im Umgang mit digitalen Netzwerken weiter gebracht: auch auf persönlicher Ebene bin ich dadurch gereift. Arbeit ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ihn dauerhaft von etwas anderem zu trennen, auch wenn ich das andere „privat“ nenne, ist ein bisschen schizophren.
Meine „neuen“ Freunde müssen jetzt umziehen, wenn Sie mitkommen und mich kennen lernen wollen. Ich werde das „vorzeigbare“ Profil löschen und zukünftig eins sein mit mir 😉
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