Wo wir hier sind, wollte Annika Blanke anlässlich der Live-Podcastaufnahme zum Kiezfest wissen. „In meinem Traum“, ist die ehrliche Antwort. Wir alle dort, die Zuhörenden, wir auf der Bühne und die Besucherinnen und Besucher des Festes an diesem Tag, hätten ich mir nicht schöner Träumen können. Damals, als ich die Idee entwickelte, die ich dann lange für so ungewöhnlich hielt, dass ich sie lieber für mich behielt. Und dann wurde die Idee vom Rad-Café das letzte Kapitel meines Buches, das vor zwei Jahren erschien. In dem durch die Umsetzung der Idee mittlerweile verschiedene, lebendige neue Kapitel hinzugefügt wurden.
Wenn Ende November Schluss ist im Popup Frankys in der Oldenburger Kaiserstraße, dann werden rund 170 Veranstaltungen dort stattgefunden haben. Wie viele Menschen die ehemalige Tankstelle seit Oktober letzten Jahres besucht haben, ist nur schwer abzuschätzen. Es sind aber auf jeden Fall einige tausende, die zu sehr unterschiedlichen Anlässen da waren. Und solche, die ihre eigenen Ideen eingebracht und umgesetzt haben. Was noch vor rund einem Jahr kaum vorstellbar schien, ist heute für Einige kaum mehr weg zu denken.
Vom Traum ins Buch zur Realität
Meinen persönlichen „Traum vom Rad-Café„, habe ich vor drei Jahren hier geteilt und war super erstaunt, über die überwältigende Resonanz, die vielfältigen Idee und den tollen Zuspruch. Damals schrieb ich an meinem Buch Life Cycle und der Traum wurde zum abschließenden Kapitel. Als das Buch dann im November 2022 erschien, kamen viele Rückfragen, wann und wie es mit der Rad-Café-Idee weiter geht. Und dann ging es einer ersten Umsetzung wirklich schnell. Bereits nach ein paar Wochen, bekam ich die Möglichkeit ein Rad-Café als Prototyp in der Vareler Innenstadt zu eröffnen. Gut zwei Monate, mehr als 30 Veranstaltungen und gut 1.000 Besuchende, waren das erste Fazit nach einer intensiven und erfahrungsreichen Zeit. Zunächst sah es so aus, als käme lange Zeit danach nichts. Bis die alte Tankstelle kurzfristig, nach nicht weniger als fünf Jahren intensiver Bemühungen, für einen weiteren Testlauf zur Verfügung stand. Ein absoluter Glücksfall und ein persönlicher Traum wurde war. Für mich ein „Reallabor“, zum Ausprobieren von Ideen, Aktionen und zur Aktivierung des Netzwerks vor Ort. Der Terminkalender füllte sich schnell und schon vor dem Start des regulären Programms, fanden verschiedene Aktionen statt.
Reallabor für (Rad)kultur und Partizipation
Mich interessiert nicht nur „…alles rund ums Rad.“ Ich habe auch eine unfassbare Neugier darauf, unter welchen Umständen Menschen sich beteiligen, welche Faktoren dazu führen, dass ein Ort erfolgreich mit Leben gefüllt wird und was man dafür tun muss, das Partizipation stattfindet. Ein Ort mitten in der Stadt, ein Un-Ort, eine fast 70 Jahre alte Tankstelle, nicht mehr richtig privat und doch der Öffentlichkeit bis dahin nicht wirklich zugänglich. Ideal, um auf dem „Präsentierteller auszuhandeln“, was in dieser Stadt und an dieser Stelle jetzt in diesem Moment möglich ist. Wie Stadtraum gestaltet werden kann, welche Menschen sich beteiligen, welche Unbeteiligten spontan stehen bleiben, wenn in der offenen Waschhalle ein Film oder ein Vortrag läuft. Wer dazu kommt, wenn ein Radrennen im Albau stattfindet oder ein Fahrrad-Picknick mit Live-Musik lockt. Oder wer den Ort als Start- und Zielpunkt für Touren entdeckt, für Kultur, Musik und vieles andere mehr. Es ist für mich buchstäblich nur schwer zu fassen, was in diesem Jahr passiert ist. Ich werde noch ein bisschen brauchen, um all die Erfahrungen zu reflektieren und meine Fragen zu entschlüsseln. Denn er Schatz ist groß und dafür bin ich sehr dankbar.
Wie es jetzt weiter geht
Wenn dieser Monat zu Ende geht, ist auch Schluss mit dem Popup Frankys in der Oldenburger Kaiserstraße. Die Frage, wie es an dieser Stelle weiter geht, ist leichter zu beantworten als die, wie es mit der Idee weiter geht. Auf der Ecke Kaiserstraße/Bleicherstraße wird im kommenden Jahr neu gebaut. Es entstehen auf sechs Geschossen Wohnungen und im Erdgeschoss eine Gastrofläche. Das historische Flugdach bleibt erhalten.
Wie es für mich und meine Träumereien weiter geht, kann ich ehrlich gesagt noch nicht beantworten. Ob ich in Oldenburg oder in Varel etwas Neues starte, ob ich die Erfahrungen in einem weiteren Buch verarbeite in Vorträgen, Beratung oder ob ich lieber mehr Fahrrad fahre – all das ist im Moment noch völlig unklar. Und das ist für mich auch völlig okay. Das war eine intensive und super spannende, lehrreiche Zeit. Dafür bin ich extrem dankbar.
Life Cycle als Taschenbuch und E-Book
Das Buch Life Cycle ist beim Oldenburger Isensee-Verlag erschienen und ist im Buchhandel und natürlich auch als E-Book erhältlich. Neben praktischen Tipps für Planung auf Augenhöhe und bürgerliches Engagement, gibt es viele positive Geschichten weltweit von Menschen die etwas rund ums Rad bewegen. Von Berlin über Budapest bis Bogota. Life Cycle handelt von der ungebremsten Leidenschaft fürs Fahrrad und wird überzeugte Radfahrende ebenso begeistern und mitreissen wie Menschen, die nur ab und zu aufs Rad steigen.