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Blogbeiträge / Menschen Unternehmen

Vier-Tage-Woche – 100 Prozent Leistung

Meine erste reguläre Vier-Tage-Woche, hatte sechs Arbeitstage und kurz darauf begann mein Jahresurlaub. Auch in díeser Zeit habe ich nicht viel von meiner Arbeitszeitreduzierung, die mit dem 1. Juli letzten Jahres begann, gemerkt. Nun ist ein  halbes Jahr rum und ich kann erste Entwicklungen nachvollziehen und dokumentieren. Es gelingt mir nicht immer, die vorgesehenen Tage komplett frei zu halten. Und dennoch komme ich in einen ganz anderen Rhythmus und entdecke die Vorteile dieses Arbeitszeitmodells für mich. 

80 Prozent Zeit, 100 Prozent Leistung

Warum Stunden reduzieren? Weil ich gemerkt habe, dass ich nicht alle Interessen und vor allen Dingen persönliche Entwicklungspotenziale ausschöpfen und gleichzeitig Vollzeit arbeiten kann und möchte. Paradoxerweise wage ich zu behaupten, dass die Reduzierung um 20 Prozent zu 100 oder mehr Prozent Leistung in meinem Angestellten-Job führt. Ähnlich wie  bei einem längeren Auslandsaufenthalt im letzten Jahr und völlig uneingeschränkten, auf persönlichem Interesse beruhenden Recherchen und Arbeiten, lerne und entwickle ich in der zur Verfügung stehenden Zeit neue Fähigkeiten und entdecke Themenfelder, die mein Hauptjob in einem Energiewende-Projekt nicht immer hergibt. Von denen ich aber auch in diesem Zusammenhang profitiere. Hatte ich mir zwischenzeitlich mit Urlaubstagen den nötigen Freiraum für Fort- und Ausbildung verschafft, bietet jetzt die strukturierte Reduzierung regelmäßig mehr Luft. Freiraum, der ehrlich gesagt nicht nur für „harte“ Entwicklungs- und Lernthemen da ist.

Weltweiter Klimastreik – hier in Oldenburg

Unabhängig und selbstständig

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit mir um die freien Monate gerungen habe: eine Auszeit vom Job, vor allen Dingen auch um etwas für mich selbst zu machen, stieß an deutlich erkennbare Identifikationsgrenzen. Und doch ließen sich die positiven Aspekte nicht lange ignorieren. Und ebenso wie bei den Auslandsaufenthalten der letzten Jahre, habe ich die zur Verfügung stehende Zeit für mich und die Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen nutzen können. Der Umbau meiner Garage zu einer Art Workspace mit verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten nahm mit den zusätzlichen freien Tagen Fahrt auf. 

Ortsunabhängig zu arbeiten, gibt auch mein Hauptjob her. Dies aber mit eigenen Interessen und Schwerpunkten zu verbinden, scheint mir noch einmal etwas ganz anderes. Ich probiere unheimlich gerne aus und „produziere“ Inhalte. Mal sitze ich dabei am Dangaster Strand am heimatlichen Jadebusen oder bin Teil des weltweiten Klimastreiks in Oldenburg. Das Barcamp in Dangast fiel auf meine freien Tage, ebenso wie eine interne Klimawerkstatt in dem Unternehmen für das ich seit vielen Jahren arbeite. 

Ein Raum für Ideen – meine Garage soll in Zukunft Möglichkeiten zur Entfaltung bieten.

Zeit als besonders wertvolles Gut

Es hat wie dargestellt eine Weile gedauert, bis sich der zusätzliche freie Tag in der Woche tatsächlich bemerkbar gemacht hat. Und weil ich die Zeit nicht fest verplant hatte, bekam ich schon Sorge den Freiraum zu „vertrödeln“. Bis mir aufging, dass ich nach und nach Dinge erledigt hatte, die ich zuvor lange vor mir her geschoben hatte. Erst ab Oktober hatte ich dann das Gefühl, wirklich zusätzliche Zeit zur Verfügung zu haben. Aber bis dahin hatte ich auch schon verschiedene positive Veränderungen festgestellt.
Mehr Zeit für Alltägliches, bedeutet für mich auch eine entspanntere Haltung. Erledigungen blieben nicht liegen oder mussten geschoben werden, sondern wurden konsequent umgesetzt, Im Zuge dieser veränderten Haltung begann ich regelmäßig zu kochen. An den Wochenenden ist das mittlerweile eine Art Ritual, für das vorher – gefühlt oder tatsächlich – nicht genug Zeit war. Ich bewege mich mehr – zum Beispiel auch deshalb, weil Erledigungen nicht unter Zeitdruck in den Randzeiten des Tages oder in Arbeitspausen stattfinden müssen. 

Barcamp in Dangast, Klimamarktplatz im eigenen Unternehmen – Arbeit, lernen und Entwicklung ergänzen sich

Vier-Tage-Woche als Arbeitszeitmodell

Seit ich ins Berufsleben eingestiegen bin, habe ich Vollzeit gearbeitet. Nach der handwerklichen Lehre habe ich ich während des Studiums weiterhin viel nebenbei gearbeitet. Und auch wenn ich danach erhebliche Störgefühle mit dem Umfang von Arbeit und dem mangelnden persönlichen zeitlichen Gestaltungsraum hatte, habe ich mich doch in das System eingefügt. 40 Stunden pro Woche Regelarbeitszeit und 30 Tage Urlaub pro Jahr, prägten mehr als 20 Jahre meine Beschäftigungsverhältnisse. In den letzten Jahren, habe ich auch berufliche Auszeiten von jeweils rund einem Monat genommen. Eine Regelung, die es so bei meinem Arbeitgeber in der Vergangenheit nicht gab und die es mir erlaubte längere Reisen zu unternehmen und unter anderem dabei auch für meinen Blog und eigene Projekte und Interessen zu recherchieren. Nun also ein weiterer Schritt: die Reduzierung der Arbeitszeit auf 80 Prozent.

Mittlerweile, hat das Thema Fortsetzungen gefunden. Nicht ganz ernst gemeinte Gründe gegen die 4-Tage-Woche und etwas konkretere Ausführungen auf der persönlichen Handlungsebene.