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718 Cyclery – mehr Netzwerk, als Bikeshop

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Joseph „Joe“ ist Architekt und hat schon für große Firmen weltweit gearbeitet. Wir sitzen in der 718 Cyclery zwischen den Werkbänken. In seinem Fahrrad-Shop, mit dem er im Oktober dieses Jahres sein zehnjähriges Jubiläum feiert. Und doch ist dies nicht die klassische Aussteigergeschichte, sondern der Versuch, das zu fassen zu bekommen, was sich in diesem ungewöhnlichen Fahrradladen jeden Tag aufs Neue abspielt. An diesem Ort, an dem Joe, vier Mechaniker und Managerin Hope arbeiten. Und an dem sich, während wir mehr als eine Stunde reden, nach und nach Frauen zu einem Workshopabend einfinden. Eine Fahrradschule von Frauen für Frauen. Solche Abende, an denen die Werkstatt von ganz anderen Menschen geentert wird – völlig kostenlos -, gibt es hier regelmäßig. Ebenso wie Fahrten an den Wochenenden, inklusive Übernachtungen im Zelt. Aber der Reihe nach.

Dein Rad bauen

Wie gesagt: man könnte eine Aussteigergeschichte schreiben. Schließlich war Joseph sogar in den 80iger Jahren Bike-Messenger. Aber, so sagt, seine Erinnerungen daran, seien weniger nostalgisch. Die Stadt und der Job war rauh, dreckig und anstrengend, Nein, diese Geschichte beginnt wohl damit, dass Joseph sein erstes eigenes Rad aufgebaut hat. Ohne viele Vorkenntnisse und ohne Plan. Am Ende hat er so viele Teile gekauft, die nicht zu dem Rad passten, dass er sich entschied ein zweites daraus zu machen. „Was willst Du mit zwei Rädern?“ fragte seine Frau. Und so verkaufte er das zweite. Und schraubte von da an fast jedes Wochenende mit Freunden an Rädern, zeigte selbst und lernte auch. Es ging um die handwerkliche Arbeit, etwas mit den eigenen Händen zu erschaffen und später auf der Straße zu sehen: „Oh guck mal, das Rad habe ich gebaut!“ Wie ein Musiker, der sich freut seinen Song im Radio zu hören, meint Joe. Als sich die Gelegenheit bot, einen kleinen Laden um die Ecke zu mieten, ergriff Joseph die Gelegenheit. Nach einem Jahr zog er um – und zwar an den heutige Standort. Die Ideen brauchten mehr Platz.

Geschützter Raum: mit viel Respekt und auf Augenhöhe, finden die Fahrradwerkstätten statt. Bilder: 718 Cyclery

Eigene Hände Arbeit

Der Architekt bemüht ein ums andere Mal das Bild der Beidhändigkeit: Erschaffen und Erdenken, handwerkliche Arbeit und menschliche Kommunikation, Kreativität und mechanische Struktur. Manchmal habe ich das Gefühl, der Raum in dem wir uns befinden, teilt sich in zwei Hälften. So greifbar wird Joes Idee an diesem Ort. Dies ist kein Fahrradladen, wie man ihn sonst kennt, kein nüchternes Business. Nach wie vor  kommen Menschen einfach so und lernen. Wie an den ersten Wochenenden zu Hause. Gemeinsam. So wie die Frauen die nach und nach zum Workshop kommen. Sie übernehmen die Cyclery und füllen sie mit etwas anderem. Die Werkstatt bietet dafür einen geschützten Raum. Und für die Idee, dass diese Beidhändigkeit und der Wunsch danach, in vielen von uns steckt.
Und die gesamte Mannschaft der Cyclery trägt diese Idee mit. Die Mechaniker arbeiten nicht im Keller – sie stehen im Rampenlicht. Und sie sind auch diejenigen, die die Räder und das Equipment anbieten. Weil sie wissen, wovon sie sprechen. Selbst bei Transportaschen und Outdoor-Equipment. Wahrscheinlich haben sie es am Wochenende selbst benutzt.

Micro-Tour mit 718 Mitarbeiter Chombo (Bilder: Chombo)

Micro-Tours in die Umgebung

Denn da sind nicht nur die kostenlosen Workshop- und Ausbildungsabende, sondern auch regelmäßige Campingtouren mit dem Rad. Die so genanten „Micro-Tours“ führen in die Umgebung und dauern zwei oder auch mehr Tage. Spätestens jetzt wird klar: hier geht es um mehr, als den schnöden Verkauf von Rädern oder das Flicken von Reifen. Machen, reden, erfahren, gemeinsam lernen, ausprobieren – im Team auf Augenhöhe und mit Interessierten, die hier Kunden sind. Aber nicht die Geschicke des Ganzen übernehmen. So soll ein Netzwerk entstehen und nicht erst als Joe darauf hinweist, dass bei den genannten Touren einzigartige Bilder entstehen – 100 % eigener Content für Webseite und soziale Netzwerke, sagt er – wird die Brillanz des gesamten Vorhabens klar. Die Architektur des Gebildes wird erkennbar. Warum also zwölf Jahre an einem Flughafen bauen, wenn man auch tagtäglich im eigenen Laden Menschen starten und landen sehen kann. Die auf die eine oder andere Art unterwegs sind, sich vernetzen, Erfahrungen machen und für sich  etwas mitnehmen.

Ganz schön bunt: auf der Tafel sind die Micro-Tours eingetragen. Im Kalender ist jedes bunte Feld ein Abend mit Fahrradworkshop

Besser sein als das Internet

All das, was man in der Cyclery kaufen und lernen kann, könne man auch online bekommen oder sich auf Youtube anschauen. Na ja, manche Teile – richtig gute zum Beispiel – sucht man online vergeblich. Hier werden sie mit Überzeugung verkauft und verbaut. Und was man bei all den Internet-Tutorials nicht hat, soll man hier bekommen: Kontakt, persönliche Erfahrungen, einen gemeinsam Ort zum sehen, erleben und selber machen. Beim Schrauben am Rad, an einem Abend mit Workshop oder auf einer der Micro-Tours. „You Can’t Hammer a Nail Over the Internet“ steht ganz oben auf der Webseite der 718 Cyclery.
Und am Ende geht es doch nur um Fahrräder, lächelt Joe. Niemand der hier herkomme brauche das was es hier gibt zum Leben. „Wir sind kein Lebensmittelgeschäft. Das sind alles Wünsche, die hier erfüllt werden.“

http://www.718c.com

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English version

Joseph „Joe“ is an architect and has worked for large companies worldwide. We sit in the 718 Cyclery between the workbenches. In his bicycle shop, with which he celebrates his tenth anniversary in October of this year. And yet this is not the classic step-out story, but the attempt to get hold of what’s happening in this unusual bicycle shop every day. In this place where Joe, four mechanics and manager Hope work. And where, while we talk for more than an hour, women gradually come to a workshop evening. A bicycle school of women for women. Such evenings, where the workshop is boarded by completely different people – completely free -, are here regularly. As well as trips on the weekends, including overnight stays in the tent. But one after anonther.

Build your bike

As I said: you could write a step-out story. After all, Joseph was even a bike messenger in the 1980s. But, as his memories of it say, are less nostalgic. The city and the job was rough, dirty and exhausting, no, this story probably starts with the fact that Joseph has built his first own bike. Without much prior knowledge and without a great plan. In the end, he bought so many parts that did not fit the bike that he decided to make a second one out of it. „What do you want with two bicycles?“ his wife asked. And so he sold the second. And from then on, he worked on bikes with friends almost every weekend, showed himself and learned as well. It was about the manual work, something to create with their own hands and later to see on the street: „Oh look, I’ve built that bike!“ Like a musician who is happy to hear his song on the radio, says Joe. When he got the possibility to rent a small shop around the corner, Joseph seized the opportunity. After a year he moved – to the current location. The ideas needed more space.

Own hands work

Time and time again, the architect strives to create the image of duality: creation and invention, craftsmanship and human communication, creativity and mechanical structure. Sometimes I feel that the space we are in is divides in half. Joe’s idea becomes so tangible in this place. This is not a bike shop, as you know it otherwise, no sober business. As before, people just come and learn. As at the first weekends at home. Together. Just like the women who come to the workshop bit by bit. You take over the cyclery and fill it with something else. The workshop offers a protected space. And for the idea that this duality and the desire for it, is in many of us.
And the entire team of Cyclery carries this idea. The mechanics do not work in the basement – they are in the spotlight. And they are also the ones who offer the bikes and the equipment. Because they know what they are talking about. Even with transport ashes and outdoor equipment. They probably used it themselves the weekend before.

Micro tours in the area

Because there are not only the free education and training evenings, but also regular camping tours by bike. The so-called „micro-tours“ lead into the environment and take two or more days. At least now it is clear: this is about more than the vile sale of cycles or the patching of tires. Make, talk, experience, learn together, try out – in a team at eye level and with interested people who are customers here. But do not take over the fortunes of the whole. So a network is to be created and not only when Joe points out that unique images are created during the mentioned tours – 100%  owned content for website and social networks, he says – the brilliance of the entire project becomes clear. The architecture of the building becomes recognizable. So why build an airport for twelve years, when you can have start and land people in your own shop every day? Who are in one way or another, networking, experience and take something for themselves.

Be better than the internet

All that can be bought and learned in the Cyclery, you can also get online or watch on Youtube. Well, some parts – really good for example – you search online in vain. Here they are sold and installed with conviction. And what you do not have with all the internet tutorials you should get here: contact, personal experiences, a common place to see, experience and do it yourself. When screwing on the bike, on an evening with a workshop or on one of the micro-tours. „You Can not Hammer a Nail Over the Internet“ is at the top of the 718 Cyclery website.
And in the end, it’s all about bikes, Joe smiles. No one who comes here needs to live what is here. „We are not a grocery store, these are all wishes